Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 202

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eine Volkszählung geben, die eigentlich schon 2001 hätte stattfinden sollen. Man wird sehen, ob sich das Klima bis zum nächsten Jahr so positiv verändert haben wird, dass sich mehr Mitglieder unserer Minderheit getrauen, sich zu ihrem Volkstum zu bekennen.

Eines ist klar: In der öffentlichen Diskussion in Slowenien wirken die alten AVNOJ-Gesetze noch immer nach. Es sind Gesetze, die Ende 1943 von den kommunistischen Tito-Partisanen in der kleinen bosnischen Stadt Jajce beschlossen wurden. Diese Beschlüsse von Jajce haben als Grundlage für die Enteignung, die Vertreibung und die Ermordung der ehemaligen fast 500 000 Menschen zählenden deutschen Volksgruppe im SHS-Staat, also dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, gedient.

Die AVNOJ-Bestimmungen haben sich nicht nur gegen die Angehörigen unserer Minderheit gerichtet, sondern sie haben auch der Vernichtung der so genannten Klassenfeinde der Tito-Kommunisten gedient. Es sind mit diesen AVNOJ-Gesetzen auch die slowenischen Domobranzen und die serbischen Tschetniks verfolgt worden, und es ist ihnen der Garaus gemacht worden.

Diese alten Partisanengesetze wirken, wie ich gesagt habe, in der Rechtsprechung der demokratischen Republik Slowenien noch immer nach. Es ist das so genannte Denationalisierungsgesetz des Jahres 1991, das auf diesen AVNOJ-Bestimmungen fußt, die den Deutschen auf Grund ihrer Abstammung als Volks- und Klassenfeind die Staatsbürgerschaft kollektiv entzogen haben. Zu Recht werden deshalb diese AVNOJ-Gesetze, aber auch die tschechischen Beneš-Dekrete als rassistisch bezeichnet. Das Festhalten der Slowenen an der angeblichen Kollektivschuld der Angehörigen der deutschen Minderheit ist unannehmbar und mit den demokratischen Rechtsgrundsätzen zivilisierter Staaten wohl nicht vereinbar.

Wir begrüßen also das österreichisch-slowenische Kulturabkommen als einen Schritt, glauben aber, dass an der Verbesserung dieser österreichisch-slowenischen Beziehungen noch sehr zu arbeiten sein wird. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Brosz.  – Abg. Dr. Mertel: Der vierte "Zwerg" ...!)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.

21.25

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur wenige Sätze zum Tagesordnungspunkt 12 sagen. Dieses Abkommen wurde vom Kollegen Kurzmann in perfekter Art und Weise dargestellt, ich möchte mich daher nur auf die politische Wertung beschränken.

Wir haben in diesem Haus jahrelang darüber diskutiert und eingefordert, dass es ein solches Kulturabkommen zwischen Österreich und Slowenien geben soll. Jetzt liegt es auf dem Tisch, und es enthält im Artikel 15 tatsächlich zum ersten Mal eine Anerkennung der Altösterreicher in Slowenien. Das ist ein bemerkenswerter Fortschritt und ein großartiger Verhandlungserfolg.

Ich möchte daher namens der Volkspartei der Außenministerin, dem Außenamt und allen, die hier mitverhandelt haben, besonderen Dank und wirklich auch Anerkennung aussprechen. Das war kein leichtes Unterfangen. Es ist dies etwas Vorzeigbares, was die österreichische außenpolitische Linie konsequent weiterverfolgt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lunacek. – Bitte.

21.27

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst auf das eingehen, was heute nicht auf der Tagesordnung steht, was aber eigentlich hier hätte stattfinden sollen, nämlich die Debatte über den Außenpolitischen Bericht des Jahres 2000.

Dieser Bericht wurde entgegen allen bisher üblichen Gepflogenheiten auf Wunsch der Regierungsfraktionen im Ausschuss enderledigt. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das ist ja gut, oder?) Das


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