Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 39

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Meine Damen und Herren! Es wird immer wieder die Jeremiade vorgebracht, dass wir durch die Einschränkung der Werbung die materielle Grundlage des ORF gefährden. Ich möchte dazu die Schlussfolgerung des ehemaligen SPÖ-Zentralsekretärs Keller als Weiser im "Weisenrat" zitieren, der sagte:

Die Vorschläge enthalten keine wirtschaftliche Einschränkung der eigenständigen Aufgabe des ORF, da die Werbezeiten ausreichend und so hoch sind, wie in keinem anderen durch Gebühren und Werbung finanzierten Fernsehen. 

Glauben Sie also nicht diese Legende, es werden natürlich keine Gebührenerhöhungen notwendig sein, der ORF kann sich weiter aus den derzeitigen Gebühren und der Werbung finanzieren!

Wir werden, drei Jahre später als das europäische Land Albanien, mit diesem Gesetz erstmals privates Fernsehen ermöglichen. Wir werden die Unabhängigkeit der Mitarbeiter sichern – und zwar nicht nur als Recht, sondern auch als Pflicht (Abg. Gradwohl: Der wird nicht einmal rot dabei!)  –, und es wird der ORF, es wird der Zentralbetriebsrat kollektivvertragsfähig sein, das heißt, man wird sich die eigenen Angelegenheiten in der betrieblichen Partnerschaft regeln können.

Lassen Sie mich mit einem Satz schließen, den Gerd Bacher am Ende einer ÖVP-Enquete (Abg. Grabner: No na!) gesprochen hat: "Gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung zum Schluss", sagte Gerd Bacher, "ich hätte mir ein solches Gesetz gewünscht." – Dem Mann kann geholfen werden! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Ein Meilenstein, Ihre Rede! Ein Meilenstein!)

10.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort. Redezeit ebenfalls 15 Minuten. – Bitte.

10.32

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte auch mit Danksagungen beginnen und den Dank an jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF und anderer Medien voranstellen, die dem permanenten Druck von Seiten der Regierung, was die Programmgestaltung, was ihre Auftritte betrifft, standgehalten haben – trotz massiver persönlicher Nachteile! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Wochesländer: Woher wissen Sie das?)

Ich kenne einige dieser Menschen persönlich und weiß, dass sie auf Aufträge verzichtet haben, weil sie Programme nicht nach Interventionen auch des Herrn Bundeskanzlers gestaltet haben und gestalten wollten. Ich werde das in der Folge noch näher ausführen. Es ist leider so, dass man mit einer Danksagung an unabhängige Journalistinnen und Journalisten, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, offenbar heute hier in diesem Hohen Haus beginnen muss.

Ebenso gilt mein Dank dem Präsidenten dieses Hohen Hauses und der Präsidiale, dass sie – und dies ist eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit und schon sehr lange eine Forderung der Grünen – die ständige, die permanente Mitübertragung in der Gebärdensprache zunächst einmal für diese Debatte ermöglicht haben. Ich gehe davon aus, dass das auf jeden Fall eine Dauereinrichtung zu sein hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit bin ich allerdings mit den Danksagungen auch schon fertig, denn der Rest ist leider nicht erfreulich und auch vom Ergebnis her nichts, was die Grünen mittragen können. Ich kann daher dem Wunsch von Klubobmann Khol, wir mögen doch wenigstens diese eine Verfassungsbestimmung mittragen, nicht entsprechen, denn ich glaube, es wäre eine große Unehrlichkeit der österreichischen Bevölkerung gegenüber, zwar mit den Inhalten dieser Gesetzesvorlagen nicht einverstanden zu sein, aber die rechtliche Hülle dafür zu schaffen – also quasi eine leere Schachtel, in die die Regierung hineinstecken kann und hineinstecken wird, was sie möchte. Dann nämlich müssten wir uns zu Recht anhören: Ihr habt ja den Rahmen, ihr habt die Reform mitgetragen; das, was jetzt drinnen ist, das bestimmen die, die mit Mehrheit von der Regierung


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite