Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 94

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Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben in einer Verhaberung mit österreichischen Medien-Machthabern diese ORF-Reform-Diskussion zu einer austriakischen, degoutanten Schmierenkomödie herabgezerrt.

Lassen Sie mich bitte nur drei Schlaglichter werfen!

Erstes Thema: Unabhängigkeit der Journalisten. Lassen Sie mich Hubert Patterer aus der "Kleinen Zeitung" zitieren. Er schreibt: "Kommt die Bereitschaft zum Abwehrkampf" – nämlich der Journalisten – "nicht ein bisserl spät? Wo war sie in den Jahren, als die SPÖ den ORF als ihre Lautsprecherbox begriff und kalinistische Kramer-Seelen in der Parteispitze borstige Redakteure wissen ließen: Sie werden nie was beim ORF!?" – Das hat schon mein Kollege Krüger zitiert.

Frage an den vereinten Redakteursrat: Warum war denn diese existentielle Bedrohung nicht eine Protestnote wert, während Programmkritiken sehr wohl eine Protestnote wert sind?

Zweites Schlaglicht – das finde ich besonders pietätlos –: Man hat sich nicht geniert, den Tod von Robert Hochner ebenfalls als Instrument gegen diese ORF-Reform-Debatte in Stellung zu bringen. Ich denke da an einige Berichterstattungen im ORF, ich denke an die Cover-Storys gewisser Wochenzeitschriften.

Und drittes Schlaglicht – und das ist eigentlich auch nicht wirklich überraschend –: Selbst der Bundespräsident dieser Republik hat sich an die Spitze dieser Anti-ORF-Reform-Campaign stellen lassen.

Das, meine Damen und Herren, dieses Szenario, ist einen SOS-Ruf wert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das ist einen SOS-Ruf wert – aber nicht Ihre "SOS-Demokratie-Caperliade". Das, Herr Cap, ist ein Hilferuf um Ihre Restreputation, um Ihre restliche politische Glaubwürdigkeit!

Es ist nicht die Demokratie in Gefahr, sondern es sind die SPÖ und die politische Kultur der SPÖ in Gefahr. Sie sind so weit herabgekommen, dass Sie mit Generalstreiks, Volksbefragungen drohen, obwohl Sie nach wie vor – zahlenmäßig zumindest – die stärkste Partei in diesem Haus sind.

Eines merken Sie sich, meine Damen und Herren von der SPÖ: Diese Republik ist nicht im Privateigentum der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In der Verfassung steht nicht festgeschrieben, dass der Bundeskanzler ausschließlich von der SPÖ gestellt werden darf. Und es steht nirgendwo geschrieben, dass der ORF, dass der Hauptverband und die ÖIAG Lehen der SPÖ sind. Merken Sie sich das! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Dr. Cap, Sie waren einmal ein mutiger, aufrechter Jungpolitiker. (Abg. Auer: Das ist aber schon lang her!) Aber in der Zwischenzeit sind Sie zu einem biegsamen Formaltechniker der Macht mutiert, und Sie glauben, dass Sie alles und jedes dialektisch argumentieren können. Aber Sie irren sich! Und Ihnen als frankophilem Bonvivant wird Tartüff sicher ein Begriff sein. Ich frage Sie: Ist das Ihr Vorbild? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich könnte Ihnen drei Fragen stellen, aber ich stelle Ihnen nur eine: Wie geht es Ihnen, wenn Sie am Morgen in den Spiegel sehen? Glauben Sie, im Besitze der intellektuellen und politischen Redlichkeit zu sein? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

13.13

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich habe immer das Vergnügen, dass wir beide uns hier quasi wie in einem


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