Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 336

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Mag. Grasser. – Bitte.

20.49

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Staatssekretär! Ich darf, weil die Ausgangsposition hinterfragt worden ist, versuchen, ein bisschen auch die Geschichte zu bemühen, und möchte auf folgende Dinge hinweisen:

Es hat während der letzten Jahrzehnte eine Diskussion über die Bankenaufsicht gegeben. Ich darf bei meinem Vor-Vor-Vor-Vorgänger, Bundesminister Dr. Androsch, beginnen, in dessen Amtszeit es im Rahmen der Schaffung eines österreichischen Kreditwesengesetzes im Jahr 1979 eine Diskussion gegeben hat, bei der man gesagt hat, dass es einen Handlungsbedarf für eine Reform der Bankenaufsicht gibt.

Es hat im Zuge der Länderbank-Krise der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky für eine Verschärfung der Aufsicht plädiert, mit dem Ergebnis, dass es daraufhin zwei neue Mitarbeiter gegeben hat, dass aber in Wirklichkeit unter dem damals zuständigen Minister Dr. Salcher keine Verbesserung der Aufsicht zustande gekommen ist.

Im Zuge der Kreditwesengesetz-Novelle 1986 hat es zahlreiche Vorschläge zu einer Stärkung der Aufsicht, vor allem auf Beamtenebene, gegeben. Leider Gottes wurden sie nicht realisiert, gingen nicht einmal in Begutachtung.

Es hat seit 1986 bis heute im Wesentlichen keine Kompetenzverlagerung weg vom Bundesministerium für Finanzen gegeben, keine Verbesserung der Aufsicht, aber es hat de facto eine Verlagerung, was die Vor-Ort-Prüfung und die Tätigkeit betrifft, in die Notenbank gegeben.

Es hat Aufsichtsdiskussionen aus konkreten Anlassfällen, die auch genannt worden sind, in größerer Zahl gegeben, zum Beispiel 1993 anlässlich der Krise des Bankhauses Rössler, der Effektinvestbank Nummer eins. Es hat 1994 bei der BAWAG im Zusammenhang mit den Karibikgeschäften unter dem damaligen Minister Lacina das Bekenntnis gegeben, die Aufsicht zu verschärfen, ebenso 1995 bei der Krise der Bank für Handel und Industrie Graz unter dem damaligen Bundesminister Staribacher.

Es hat im Februar 1998 ein Übereinkommen zwischen dem damaligen Bundesminister Edlinger und Bundesminister Molterer gegeben, und man hat gesagt: Einigen wir uns darauf, einen internationalen Vergleich über Aufsichtskonstruktionen anstellen zu lassen, und versuchen wir, mögliche Leistungskennzahlen für eine Bankenaufsicht zu eruieren. Zielsetzung war, eine Verschärfung, eine Neukonstruktion der Bankenaufsicht zustande zu bringen. Ergebnis: Im Juni 1999 ist die Aufsichtsreform neuerlich gescheitert und keine Reform zustande gebracht worden.

Daher, meine Damen und Herren, freue ich mich außerordentlich darüber – das sage ich ganz offen –, dass es heute einen Beschluss für eine Finanzmarktaufsicht geben wird, weil es zeigt, dass diese Bundesregierung Lösungen für lange vorhandene Probleme erarbeitet, weil es zeigt, dass wir das Regierungsübereinkommen konsequent umsetzen, und weil es zeigt, dass wir einen Quantensprung in der Finanzaufsicht erreichen werden, wodurch Österreich international eine Vorbildposition einnehmen wird, wodurch wir einen Trend prägen und erreichen werden, dass der Finanzplatz Österreich wesentlich aufgewertet werden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gleichzeitig beenden wir damit einen inakzeptablen Zustand einer organisatorischen Zersplitterung der Finanzaufsicht auf mehrere Bereiche, die auch der Qualität der Finanzaufsicht in Österreich abträglich war. Ich darf nochmals erwähnen: Die Bankenaufsicht ebenso wie die Versicherungsaufsicht und die Pensionskassenaufsicht obliegen heute formal dem Bundesministerium für Finanzen. Teilweise wird sie wahrgenommen, de facto wird sie aber in der österreichischen Notenbank durchgeführt. Die Wertpapieraufsicht befindet sich in einer eigenen ausgegliederten Behörde.


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