Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 130

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wenn darüber diskutiert werden kann – und nicht sehr seriös –, dann, Herr Dr. Khol, muss auch über den nicht geringen Fauxpas und eigentlich die Verhöhnung des ORF-Publikums durch diese Publikumsrats-Befragung diskutiert werden. Das war nämlich ein nicht sehr ernst zu nehmender Missgriff in einer wirklich wichtigen demokratiepolitischen Angelegenheit. (Beifall bei den Grünen.)

Da gab es nämlich keine Anonymität, die Sie bei der ÖGB-Urabstimmung eingefordert haben, und da gab es auch nicht die Möglichkeit für alle, die den ORF sehen und hören, darüber mitzuentscheiden, sondern da durfte nur der Zahler, durften aber nicht die Familienmitglieder des Zahlers mitstimmen. Das heißt: Jugendliche sind bei dieser Art von Befragung ausgeschlossen.

Ich will jetzt aber nicht über den ORF weiterreden, sondern über die ÖGB-Urabstimmung.

Ich möchte nicht verhehlen, dass wir neben den absolut bösen Tönen in Richtung ÖGB auch Zwischentöne von Seiten einzelner Regierungsmitglieder registriert haben. Die Stellungnahmen des Herrn Bundeskanzlers haben sich teilweise – teilweise! – durchaus durch Sachlichkeit ausgezeichnet. Ich möchte auch differenzieren zwischen einer Stellungnahme der Frau Vizekanzlerin Riess-Passer, die gesagt hat: Die Festlegung der Einkommen von Gewerkschaftsfunktionären ist Angelegenheit der Gewerkschaft!, und der sich davon deutlich unterscheidenden Feststellung ihres Parteifreundes und Klubobmannes Westenthaler, der gesagt hat: Wir werden ein Volksbegehren darüber starten, wie hoch das Einkommen von Gewerkschaftsfunktionären sein darf!

Das sind nicht unwichtige Nuancen. Das ist nicht unwichtig, denn Sie müssen sich entscheiden, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, nicht nur in der Frage der Abschaffung des ÖGB, ob Sie auf dieser Ebene weiterdiskutieren wollen, sondern auch, ob Sie es wirklich vertreten können und wollen, dass der Staat oder das Parlament einen direkten Eingriff in die Organisationsfreiheit einer Gewerkschaft, eines wichtigen Vereins in dieser Gesellschaft, macht. Kollege Krüger, nehme ich an, weiß, wovon ich spreche: dass es nämlich ein sehr massiver staatlicher Eingriff wäre, wenn man den Gewerkschaften vorschreibt, wie sie ihre Beziehungen, ihre Vereinstätigkeiten, ihre Beziehungen zu den anderen Sozialpartnern zu regeln haben und welche Einkommen Gewerkschaftsfunktionäre haben.

Aber ich wünsche mir natürlich – und das noch einmal an die Adresse des ÖGB gerichtet –, dass die Mitglieder des ÖGB wissen, welche Einkommen die Gewerkschaftsfunktionäre haben, und ich wünsche mir auch, dass die ÖGB-Mitglieder nicht der Versuchung unterliegen, dafür zu plädieren, dass diese Einkommen möglichst niedrig sind. Funktionäre sollen, wenn sie gute Arbeit leisten, durchaus gut bezahlt werden. Das ist etwas, denke ich, worauf wir uns verständigen könnten.

Und in diesem Zusammenhang haben wir auch einen Antrag eingebracht, in dem wir klar und sauber auseinander halten wollten, was des Staates ist, was die Aufgaben des Staates sind, was die Aufgaben eines privaten Vereines sind und was unsere Vorschläge sind in die Richtung, wie sich ein privater Verein von der Größe des ÖGB – der ja nicht zu vergleichen ist mit einem Hasenzüchter-Verein – entwickeln sollte.

Meine Damen und Herren! Zur Urabstimmung selbst: "Mutlose Fragestellungen", hat es von Seiten des FPÖ-Klubobmannes Westenthaler geheißen. "No-na-Fragestellungen" – wieder Westenthaler. "No-na-Fragestellungen" – Riess-Passer. "No-na-Fragestellungen" – Fasslabend. "Selbstverständlichkeiten" sind das, hat Herr Haider gesagt. Frau Rauch-Kallat hat gesagt: Das sind allgemeine Fragen, gegen die sich vermutlich kaum ein Arbeitnehmer aussprechen kann. – Ja, meine Damen und Herren, wenn dem so ist, dass das Fragen sind, denen Sie aus voller Überzeugung zustimmen können, dass das Fragen sind, die Sie vertreten können, Herr Kollege Tancsits, dann stimmen Sie doch zu! Diese Möglichkeit sollen Sie erhalten, denn uns ist es nicht egal, wie sich die Vertreter der Regierungsparteien – und es gibt ja sowohl auf Seiten der Freiheitlichen welche, die sich als Arbeitnehmervertreter bezeichnen, als auch in den Reihen der ÖVP welche, die sich als Arbeitnehmervertreter bezeichnen ... (Mehrere Abgeordnete unterhalten sich, bei den vorderen Bankreihen der ÖVP und der Freiheitlichen stehend, miteinander.)


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