Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 184

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rung rufe, wie von den Verantwortlichen in Filmen und Statements die verschiedensten Arten der Kinderarbeit dargestellt wurden, läuft mir nach wie vor die Gänsehaut über den Rücken.

Es ist schrecklich, wenn vier-, fünfjährige Kinder mit Ketten an den Webstuhl gebunden werden, um Erwachsene bei der Arbeit am Webstuhl zu unterstützen, indem sie vier Stunden lang zum Beispiel einen Faden halten müssen. Nach vier Stunden dürfen sie eine kleine Pause machen, und für diese Zeit werden sie abgekettet. Ihr Arbeitstag dauert aber 12 bis 16 Stunden.

Erschreckend sind die Bilder, auf denen die großen Kinderaugen dargestellt werden, in denen die Hilflosigkeit zu sehen ist, oder auf denen man achtjährige und ältere Kinder sieht, die durch ihre Arbeit in Färbereien und Gerbereien schon schwerste Verbrennungen und Behinderungen haben. Oder: Die Internationale Arbeitsorganisation zeigt auf, was mit jenen Kindern geschieht, die versuchen davonzulaufen. Ihnen werden die Fußsohlen abgebrannt, oder sie werden geblendet – als abschreckendes Beispiel für die anderen Kinder.

Meine Damen und Herren! Leider ist auch festzustellen, dass 80 Prozent der weltweit 250 Millionen Kinder im Alter von fünf bis 14 Jahren, die bereits arbeiten müssen, ihre Arbeit ohne Bezahlung verrichten. Diese Kinder müssen aber mindestens zehn Stunden und oft weit mehr arbeiten. Es gibt für diese Kinder kein Spielen und keine Möglichkeit zum Lernen.

Meine Damen und Herren! In Kolumbien arbeiten viele minderjährige Kinder in Bergwerken. Sie arbeiten mindestens zehn Stunden und länger, sie arbeiten in ständiger Dunkelheit, in schwarzem, stickigem Staub und bei großer Hitze. Daher sind auch schon viele Kinder im Alter von zehn oder zwölf Jahren invalid.

Aber, meine Damen und Herren, auch in den Industriestaaten arbeiten insgesamt Hunderte, Tausende Kinder für einen Hungerlohn oder haben nur einmal am Tag zu essen.

Es gibt in Österreich Betriebe, die bemüht sind, darauf zu achten, dass Produkte, die zugekauft werden, nicht von Kindern unter 15 Jahren hergestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.) Jene Firmen, die darauf achten, sollten eigentlich besonders positiv hervorgehoben werden. Aber die Produkte jener Firmen, die Materialien nachweislich nur aus jenen Ländern zukaufen, in denen diese von Kindern unter 15 Jahren hergestellt werden, um sie als Quelle der Profitsteigerung nützen zu können, müssten deutlicher die Kennzeichnung von Kinderarbeit aufweisen. Ich nenne als Beispiele Teppiche aus Marokko, Schuhe aus Neapel, Elektrochips aus Hinterhoffabriken in Bangkok, Orangensaft aus Brasilien, Feuerwerkskörper aus Thailand und so weiter.

Deshalb, meine Damen und Herren von der Regierung, ersuche ich Sie hiermit, alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nützen, um zumindest die schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

21.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brugger. – Bitte.

21.40

Abgeordneter Bernd Brugger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! (Abg. Dr. Niederwieser: Eberharter!)  – Ich gehe auf diesen Zwischenruf nicht ein. Ich würde vorschlagen, dass wir beim Thema bleiben, das, glaube ich, eine sehr ernste Thematik darstellt: das Übereinkommen gegen schlimmste Formen der Kinderarbeit.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung hat uns ein Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation IAO zum Bereich der Kinderarbeit zur Ratifikation und die Empfehlung Nr. 190 vorgelegt.

Als fünffacher Familienvater und zweifacher Großvater bin ich erschüttert über Zahlen, die mir da vorgelegt wurden, und ich möchte beispielsweise die eine oder andere Zahl nennen. Es ist dokumentiert, dass bis zu 250 Millionen Kinder im Alter von unter 15 Jahren zur Kinderarbeit eingesetzt sind; 15 Millionen beispielsweise in Bangladesh, 44 Millionen in Indien. Den traurigen Rekord hält Lateinamerika mit 60 Millionen Kindern. Es ist, wie gesagt, eine erschütternde Tatsache.


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