Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 186

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Wenn man sich die Zahlen anschaut – von Kollegin Bauer wurden schon ganz schreckliche Beispiele geschildert, wie wir sie immer wieder auch in aufrüttelnden Fernsehserien und Dokumentationsserien sehen –, dann sieht man, dass es 100 bis 250 Millionen Kinder unter 15 Jahren auf dieser Welt betrifft, die eben dieses Martyrium erleiden müssen. Außerdem werden diese Kinder oft nicht einmal bezahlt. Es gibt Zahlen, dass 38 Prozent der arbeitenden Kinder gar nicht entlohnt werden, weil sie eben in Schuldknechtschaft oder einer ähnlichen Situation sind.

Die ILO geht davon aus, dass weltweit 20 bis 30 Prozent der Kinder zwischen dem sechsten und 15. Lebensjahr arbeiten. Gleichzeitig – ich glaube, das ist etwas, was man hier auch betonen muss – beträgt die Rate der arbeitslosen Erwachsenen in den so genannten Entwicklungsländern ebenfalls 20 bis 30 Prozent. Ich glaube, das zeigt auch ein bisschen die Negativspirale: Die Kinder gehen arbeiten, sie haben keine Ausbildung, und weil sie keine Ausbildung haben, bekommen sie später als Erwachsene wieder keine Arbeit. Das heißt in Wirklichkeit, dass auch ihre Kinder wieder zur Arbeit geschickt werden müssen, um zum Unterhalt in den Familien beizutragen.

Wir wissen auch: Je schlimmer die Arbeitssituation für die Eltern ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder zum Arbeiten gezwungen werden, um eben das Familieneinkommen aufzubessern. Die meisten Kinder geben damit auch den Schulunterricht wieder auf, und ich glaube, wir müssen alles daransetzen, damit die Kinder aus dieser Negativspirale herauskommen.

Es wurde auch schon gesagt, dass es viele Organisationen gibt, die kennzeichnen, dass bei der Herstellung ihrer Produkte keine Kinder mitgearbeitet haben. Ich möchte die Namen einiger Organisationen nennen, so zum Beispiel "Fair Trade", wo man sicherstellt, dass Kinder nicht zur Ernte herangezogen werden, oder "Bitter Orange".

Ich glaube, langfristige Erfolge werden nur zu erzielen sein, wenn wir einerseits versuchen, auf nationaler Ebene etwas zu machen, wenn wir andererseits aber natürlich auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit den besonders betroffenen Ländern Hilfestellung geben, indem wir sie mit Projekten unterstützen.

Ich selbst habe im Europarat am Bericht gegen Kinderarbeit mitgewirkt und jetzt auch einen Bericht zur Situation von Jugendlichen in den Städten ausgearbeitet, und ich weiß, dass es auch dort vermehrt Jugendliche gibt, die arbeiten müssen.

Meiner Meinung nach machen wir es uns zu leicht, wenn wir einfach nur fordern, dass Kinder nicht mehr arbeiten dürfen, sondern wir müssen spezielle Projekte in Angriff nehmen, damit Eltern Arbeit finden, und wir müssen es auch den Kindern ermöglichen, dass sie eben aus der Arbeit aussteigen und in eine Schulausbildung einsteigen.

Wir kennen aber viele Beispiele, wo man die Kinder freigesetzt hat, und dann ist die Mehrzahl dieser Kinder in noch schlechtere Arbeitspositionen, bis hin zur Prostitution, abgeschoben worden. Damit hatten sie im Grunde eine noch schlechtere Position, als sie sie bisher hatten.

Ich glaube, man kann, wenn man es seriös angeht, nur versuchen, mit Hilfsprogrammen für Kinder und Eltern allen in diesen Ländern zu helfen, und dieses Übereinkommen ist eben ein ganz wichtiger Schritt dazu, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu beseitigen. Ich möchte das vielleicht mit folgendem Satz unterstreichen: Kinder, die arbeiten, müssen wir achten, aber Kinderarbeit müssen wir gesellschaftlich ächten. Und dieses Übereinkommen ist ein wichtiger Schritt dazu, den wir unterstützen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

21.50

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein etwas einfacheres Thema als das letzte. Wir sind uns im


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