Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 106

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Darum geht es auch um den Aspekt, dass ein Gefängnis zwei Seiten hat: Dort gibt es zwei Kategorien von Menschen, die eingesperrt sind, nämlich die Häftlinge und die Justizwachebeamten. Und über das Los und Schicksal von Österreichs Justizwachebeamten, Herr Bundesminister, hätte ich gerne von Ihnen gehört: Was sind die Vorschläge dieses Berichts der Expertenkommission? Warum wird er nicht veröffentlicht? Warum wird er dem Nationalrat nicht zugeleitet? Warum halten Sie diesen Bericht unter Verschluss, Herr Bundesminister? (Rufe bei den Freiheitlichen: Nur einen Satz! Schluss jetzt!) Er scheint mir nach der einen vorliegenden DIN A4-Seite des APA-Berichts sehr wesentlich dafür, die Zustände in Österreichs Strafvollzugsanstalten zu verbessern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

15.14

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe Ihnen, sehr verehrte Frau Abgeordnete, sehr genau zugehört, und ich wäre für jede konkrete Frage und für jeden konkreten Hinweis sehr dankbar gewesen.

Es hat sich aber ein Stimmungsbild ergeben, das Sie hier gezeichnet haben, dem ich nicht ohne weiteres beipflichten kann. Ich muss dem sehr energisch entgegentreten, weil damit der völlig unrichtige Eindruck erweckt wird, dass in unseren Justizanstalten die Menschen, die der Obsorge der Justizwache übergeben werden, nicht korrekt behandelt werden. Das wäre ein völlig falscher Eindruck, und ich erinnere Sie daran, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass Sie selbst damals in der Justizanstalt Stein waren und sich vor Ort gemeinsam mit Herrn Abgeordnetem Miedl und vor allem auch Frau Abgeordneter Wochesländer ein Bild gemacht haben. Sie haben dort folgenden Kommentar abgegeben – und wenn es nicht stimmen sollte, dann bestreiten Sie das bitte –: Sie haben erkannt, dass es sich um eine Verkettung unglückseliger Umstände handelt. (Abg. Mag. Stoisits: Das haben Sie gesagt!) Sie haben dort überhaupt keine Beanstandung ausgesprochen. Sie haben sich auch nicht an mich gewandt – weder schriftlich noch mündlich –, Sie haben sich auch nicht an die Anstaltsleitung gewandt, sondern Sie haben dort eine Erklärung abgegeben, die auch richtig war: Sie selbst konnten dort keine Missstände feststellen. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist die absolute Unwahrheit!)

Das ist überhaupt nicht die Unwahrheit, sondern das wurde mir von mehreren Seiten berichtet, auch von Abgeordneten dieses Hauses, auch vom Anstaltsleiter. Und Sie hätten sich ja sicherlich auch an mich gewandt, Frau Abgeordnete, wenn Sie irgendetwas festgestellt hätten! Warum haben Sie das nicht getan? – Ich hätte es sofort abstellen können! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich nehme aber die Gelegenheit gerne wahr, dass über Ihre Initiative von der Justizwache und von allen Mitarbeitern ein korrektes Bild gezeichnet wird, denn das sind immerhin 3 000 Mitarbeiter und mehr – ohne das Betreuungspersonal –, das sind die Justizwachebeamten, die wirklich Tag und Nacht im Dienste der Sicherheit der Bevölkerung und im Dienste der Resozialisierung der Insassen der Haftanstalten, der Justizanstalten wirklich bestmögliche und zum Teil auch aufopfernde Arbeit leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben im Schnitt 7 000 Häftlinge zu betreuen, 5 000 im so genannten Normalvollzug, 1 500 Untersuchungshäftlinge und 500 Häftlinge, die psychisch mehr oder weniger, zum Teil gänzlich beeinträchtigt sind. Das wurde heute schon von Herrn Abgeordnetem Pendl zur Sprache gebracht, mit dem ich immer sehr korrekt zusammenarbeite und der solche Worte über den Strafvollzug sicherlich nicht geäußert hätte, weil er nämlich die Verhältnisse selbst kennt.

Wir haben Häftlinge aus 89 Nationen, wir haben Häftlinge aus allen Bereichen der Welt, wir haben eine Mutter-Kind-Abteilung, wir bemühen uns um die Drogensüchtigen, wir bemühen uns um die Alkoholkranken, wir bemühen uns um alle – aber es gibt natürlich auch den einen oder anderen Häftling, der sehr schwer krank ist, sehr aggressiv ist, selbstgefährdend ist, fremdgefährdend ist und natürlich einer besonderen Bewachung und Betreuung bedarf.


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