Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 112

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Wir haben in diesem Hause schon mehrfach über Nizza gesprochen, und das ist gut so, denn das ist ein wichtiges Thema. Wir haben dem Vertrag damals zugestimmt, weil wesentliche österreichische Rechte darin gewahrt blieben, darunter auch das von Ihnen permanent so angegriffene Vetorecht. Aber das ist ja nichts anderes als ein Instrument dieser Institution, das ist ein Teil der Praxis in dieser Institution, und das soll dann so furchtbar sein, wenn man die Geschäftsordnung dieser Institution benützt? Ich verstehe Sie wirklich nicht, meine Damen und Herren! Zumal dann nicht, wenn man eigentlich genau das Gleiche tut, nur zu feige ist, zu sagen, dass man es tut. Man sagt nein, das Kapitel wird vorläufig nicht abgeschlossen. Es ist ganz genau das Gleiche, Sie versuchen fünfe gerade sein zu lassen. Es glaubt Ihnen in der Öffentlichkeit ohnehin schon längst niemand mehr – und im Ausland auch nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei all dem vergessen Sie eines: Seit Nizza hat sich etwas ereignet. In Irland gab es eine Abstimmung, und diese Abstimmung in Irland hat deutlich gezeigt, dass in der Bevölkerung ein Stimmungsumschwung da ist. Man hat dort nein gesagt, und Nizza wird so lange nicht in Kraft treten, solange Irland nicht ja sagt. Ich habe mich in der Zwischenzeit sehr viel mit irischen Abgeordneten und auch Beamten unterhalten. Die Stimmung dort hat sich nicht verändert. Irland ist weiter bei seinem Nein, und wenn man nach den Gründen fragt, dann erfährt man: Wir fühlen uns von Europa überfahren. Das Tempo ist zu hoch. Man lässt uns nicht Zeit, eine Meinungsbildung in der Bevölkerung herbeizuführen, man lässt uns nicht Zeit, nachzudenken und vielleicht draufzukommen, dass das, was die EU will, falsch ist. Der Zentralismus ist nicht in der Lage, zu begreifen, wie unterschiedlich die Verhältnisse in Europa sind, und auf die einzelnen Regionen einzugehen.

Ich bringe Ihnen abschließend noch ein Beispiel, das uns jetzt ins Haus steht. Es soll auf Druck der EU-Bürokratie noch in diesem Jahr entschieden werden, dass ein europäischer Haftbefehl eingeführt wird, ein europaweiter Haftbefehl, der besagt, Österreicher könnten in Zukunft an Mitgliedstaaten übergeben werden, wenn sie zwar nach dem Recht der Mitgliedstaaten, nicht aber nach österreichischem Recht eine strafbare Handlung begehen. Das heißt, wir würden unsere eigenen Staatsbürger ausliefern, obwohl sie nichts getan haben, was in Österreich strafbar wäre. Wir entziehen damit eigentlich diesem Staat eine der Grundlagen, nämlich die, dem eigenen Staatsbürger Schutz, Sicherheit und Recht auf ein geordnetes Verfahren im eigenen Land zu geben. Und es wird Druck auf uns ausgeübt, das schnell zu tun.

Meine Damen und Herren! Soll man zu so etwas nicht nein sagen können? Dann verstehe ich wirklich nicht mehr, wozu wir von den österreichischen Bürgern gewählt werden. Das Veto ist ein legitimes Instrument, und wenn die Engländer – vergröbert – gesagt haben, im Interesse ihrer "Rindviecher" ein Veto einsetzen zu dürfen, dann dürfen wir verdammt noch mal wirklich im Interesse der Sicherheit der österreichischen Bürger bei einer Gefährdung wie Temelin auch nein sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Martin Graf: So ist es!)

14.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Herr Abgeordneter, Sie haben 8 Minuten freiwillige Redezeit vereinbart. Das geht sich nur mehr ganz knapp aus. Bitte, darauf Rücksicht zu nehmen, weil ich diese Debatte um 15 Uhr unterbrechen muss. – Bitte.

14.52

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Gusenbauer hat seine Dringliche Anfrage schon ein bisschen vorweggenommen, aber er ist uns eine Antwort schuldig geblieben.

Er hat in vielem, was er zum Thema Temelin erzählt hat, auch das getroffen, was wir meinen; warum er aber dann unserem Entschließungsantrag, in dem das alles festgehalten ist, nicht zustimmen will, diese Antwort, Kollege Gusenbauer, sind Sie uns schuldig geblieben. All das, was Sie hier ausgeführt haben – Energiekapitel nicht abschließen, auf europäischer Ebene dafür eintreten, dass wir einen Ausstieg aus der Kernenergie wollen, sich dafür einsetzen, dass es Sicherheitsstandards für Kernkraftwerke in der Europäischen Union gibt –, steht doch dort drin


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