Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 20

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Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Bundeskanzler! Sie haben mit dieser Verwaltungsreform medizinische Kompetenzen, nämlich jene in Bezug auf Ausbildungsstätten, der Ärztekammer in die Hand gegeben, Kompetenzen für die Apotheken haben Sie der Apothekerkammer gegeben. Ist von Ihrer Seite aus daran gedacht, die Kompetenzen für gewerberechtlichen Vollzug beziehungsweise gewerberechtliche Genehmigungen der Wirtschaftskammer zu geben – ja oder nein?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Also ganz so, wie Sie mit Ihrer Frage jetzt suggerieren, ist es nicht, denn natürlich hat nach wie vor das Gesundheitsministerium eine zentrale Kontrollfunktion, quasi die in die ständischen ... (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein! Bei Ausbildungsstätten nicht mehr!)  – Ja, sicher!

Die ständischen Bereiche sind ein Thema, über das man schon diskutieren kann. So ist etwa die Frage, ob nicht beispielsweise die Anmeldung oder die Führung der Jungunternehmer unter Umständen von der Wirtschaftskammer selbst gemacht werden kann, Teil der Diskussionen. Über solch ein Thema kann man jederzeit diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger  – in Richtung ÖVP –: Ständestaat!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Gaßner, bitte.

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Die Menschen im ländlichen Raum sind wenig begeistert von den Auswirkungen der Verwaltungsreform: Die behördliche Infrastruktur in unseren Gemeinden und ländlichen Regionen wird nachhaltig zerstört, die Finanzämter, die Gendarmerieposten, die Postämter werden geschlossen (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage!) und auch die Bezirksgerichte (Ruf: Da lacht ...!)  – so lächerlich finde ich das nicht.

Wann, Herr Bundeskanzler, beenden Sie und die Bundesregierung diese Schließungsorgie, und welche Maßnahmen setzen Sie zur Entwicklung des ländlichen Raumes und für die Menschen, die dort wohnen? (Abg. Dr. Khol: Das sind zwei Fragen!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich finde das irgendwie fast unangenehm, wenn man den ländlichen Raum generell als einen absterbenden Raum bezeichnet. (Widerspruch bei der SPÖ.) Schauen Sie sich doch einmal die Entwicklungsströme an! Der ländliche Raum hat noch nie so viele Impulse bekommen wie in dieser Zeit (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), sowohl von der Regierung als auch von der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Denken Sie einmal daran: Wer hat denn etwa für ein Grenzregionenprogramm in Europa gekämpft, für die österreichischen Grenzregionen? – Das waren wir! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Denken Sie doch daran, wer die Verantwortung in der Zeit gehabt hat, als viel radikalere Pläne zur Einsparung von Gendarmerieposten vorgelegt worden sind: Es war Karl Schlögl, der wesentlich mehr Gendarmerieposten eingespart hat, als es Ernst Strasser je vorgehabt hat! (Widerspruch bei der SPÖ.) Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Unser Ziel ist es, die Qualität der Dienstleistung zu verbessern: nicht irgendein Mini-Bezirksgericht, an dem eigentlich nie Amtsstunden sind, sondern ein volles Service für den Bürger, möglichst elektronisch, möglichst über Internet, damit er jederzeit, möglicherweise sogar von zu Hause aus, seine Amtswege verrichten kann. Das ist meiner Meinung nach bürgernahe Verwaltung, und darauf sollten wir uns konzentrieren!


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