Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 141

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Jetzt kennen wir uns nicht mehr aus! Jetzt sagen Sie selbst, es ist nicht optimal!) Aber es ist nicht immer so, dass die Ärztekammer die Patienten, die zu Schaden kommen, billig abspeist; sie willigen ja ein. Man kann sicherlich von Verbesserungen sprechen – keine Frage. Ich möchte aber auch einmal der Patientenanwaltschaft meinen Dank und meine Anerkennung aussprechen, denn diese leistet großteils sehr, sehr gute Arbeit.

In diesem Sinne bin ich froh, dass wir schon Vorarbeit geleistet haben und dass die Patientenrechte mit den Patientenchartas in vielen Bundesländern gestärkt wurden – in Wien noch nicht. Es freut mich auch, dass wir die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung schon haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: 6 Minuten, ein Wahnsinn!)

17.32

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Klubobmann Westenthaler, es tut mir Leid, dass mir die Patienten drei Minuten mehr wert sind als Ihrem Kollegen Pumberger. Ich hoffe, das erregt Sie nicht zu sehr. (Abg. Ing. Westenthaler: Es kommt nicht auf die Zeit an!) Es kommt nicht auf die Zeit an, sondern auf den Inhalt. Ja, da werde ich wahrscheinlich auch noch mithalten können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Wahrscheinlich aber nur!) Wahrscheinlich!

Eine große Studie der Stanford University in den USA beziffert den Prozentsatz von geschädigten stationär behandelten Patienten mit zirka 3,7 Prozent. In Österreich spricht man von Promillewerten. Da muss man sich natürlich fragen: Woher kommt dieser große Unterschied, dass in Amerika viel mehr Patienten zu Schaden kommen als in Österreich? Da muss man natürlich schon vermuten, dass eine gewisse Grauzone zu verzeichnen ist.

Tatsache ist, dass in Sachen Patientenrechte in den letzten Jahren zweifellos viel geschehen, viel gemacht worden ist – auch auf gesetzlicher Ebene. Das ist keine Diskussion. Trotzdem werde ich Ihnen nachweisen können, dass nach wie vor Patientinnen und Patienten im Falle eines Schadenersatzanspruches – berechtigt oder vermutet – immer noch auf dem kürzeren Ast sitzen. 90 Prozent aller Verfahren werden nicht positiv im Sinne der Patientenansprüche abgehandelt. Das ist doch etwas! Nur 10 Prozent kommen zu ihrem Recht, wobei ich zugebe, dass da natürlich die Grauzone beinhaltet ist.

Wenn Sie sich fragen, welche Ursachen da zugrunde liegen, ist die Antwort darauf auch nicht so schwierig. Sie werden zugeben, dass man sich in einer Medizin, die sich immer weiter vorwagt, immer mehr an Grenzen stößt, wo heute etwas behandelt wird, was vor Jahren noch als unheilbar oder unbehandelbar angesehen wurde, zwangsläufig auf Risikogebieten und -feldern wieder findet, bei denen man Behandlungsschäden einkalkulieren muss. Das ist einmal ein Grund.

Zweitens wird es durch die immer kompliziertere Medizin einfach schwierig, zwischen schicksalhaften Verläufen – sozusagen: das ist Schicksal, so etwas kommt zu einem gewissen Prozentsatz bei Behandlungen einfach vor – und schuldhaften Schäden zu unterscheiden. Das ist schwierig.

Patienten haben nur eine Chance bei grob fahrlässigem Verhalten von Ärztinnen und Ärzten. Es sind aber nur etwa 9 oder 10 Prozent aller Behandlungsschäden auf grob fahrlässiges Verhalten zurückzuführen, alle anderen auf leichte Fahrlässigkeit. Sie können sich vorstellen, dass weder Ärztinnen und Ärzte noch ihre Versicherungen sehr damit einverstanden sind, wenn in öffentlichen Zivilprozessen ein schnelles, ehrliches, offenes Schuldbekenntnis kommt. Da machen dann die Versicherungen ihren Klienten sogar Schwierigkeiten.

Dritter Grund ist, dass in diesen Konfrontationsmodellen immer sehr viel an Reputation der Ärzte auf dem Spiel steht und diese natürlich – ich will das jetzt gar nicht moralisch bewerten –


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