Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 192

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Ich komme zu einem weiteren Punkt, den ich an der Doktrin sehr negativ finde und der mich beim Lesen zunehmend geärgert hat. (Abg. Böhacker: Schon wieder! Sie müssen sich aber oft ärgern!) Wissen Sie, wie die Aufzählungsreihenfolge immer dann war, wenn die Aufzählung von Gefahren in Europa erfolgt ist? – Internationaler Terrorismus, Kriminalität und dann sofort die illegale Migration und manchmal sogar nur die Migration. Eine der größten Gefahren, die Sie in Europa sehen, ist die Migration! (Abg. Jung: Ich hab’ gedacht, es stehen nur militärische Dinge drinnen!) Wenn Sie auf dem Analyseteil, den Sie nach dem 11. September nicht überarbeitet haben, aufbauen, ist es kein Wunder, dass Sie hier eine Sicht demonstrieren, die parteipolitisch motiviert ist, mit einem Angstmachen vor Migration operiert und die überhaupt nichts damit zu tun hat, wo wahre Bedrohungen vorliegen und wo auch Prävention ansetzen könnte und müsste. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Jung: Pilz ist dagegen eine Wohltat, der hat wenigstens eine Ahnung, wovon er redet!)

Meine Damen und Herren! Sie haben mit dieser Doktrin eine Riesenchance versäumt. Sie haben die Chance versäumt, aus einer aktiven Neutralitätspolitik eine sicherheitspolitische Rolle für Österreich in Europa zu entwickeln. Sie haben es versäumt, Meilensteine zu setzen, indem Sie den Konsens über die Parteigrenzen hinweg wirklich gesucht hätten. Wenn man in Ihren Augen Gesprächsbereitschaft nur signalisiert, solange man sich dem anderen vollinhaltlich anschließt, ohne eine eigene Meinung zu haben, dann, muss ich sagen, liegt bei Ihnen ein großes Missverständnis demokratischer Kultur vor. Aber vielleicht lernen Sie das auch noch. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Sie sollten das lernen! – Abg. Jung: Engagiert ist sie aber schon!)

19.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

19.45

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt einige Argumente von Seiten der Opposition gehört, die angeblich gegen diese neue Sicherheitsdoktrin sprechen.

Wenn Kollege Pilz behauptet, dass das österreichische Bundesheer in der Zeit des Kalten Krieges so wenig gerüstet war, so stimmen wir ihm zu. Auch wir haben das immer beklagt, und es ist eine Tatsache, Herr Kollege Pilz, dass Sie nicht wegen des Bundesheeres auf die Segnungen des realen Sozialismus verzichten mussten, sondern wegen der von Ihnen so gescholtenen NATO. (Demonstrativer Beifall des Abg. Egghart. ) Dass Sie, Herr Kollege Pilz, ihr deshalb gram sind, verstehen wir. Bei uns Freiheitlichen ist es allerdings gerade umgekehrt: Wir sind froh, dass wir dank der Abschirmung durch die NATO nach dem Zweiten Weltkrieg die längste Zeit des Wohlstands erleben durften.

Von Seiten der SPÖ, gerade von Ihrer Seite, Herr Kollege Dr. Einem, ist ein Vorwurf gekommen, der zurückzuweisen ist. Sie haben nämlich gesagt, diese Regierung nehme es mit der Verfassung nicht so ernst. Dieser Vorwurf ist Ihnen zurückzugeben, denn Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, nehmen es mit der von Ihnen geschaffenen Verfassung nicht ernst. Diese Regierung – und darauf können wir klar beharren – macht keine Verfassungsänderung. Diese Regierung beschreibt die verfassungsmäßige Realität, die uns von Seiten der SPÖ hinterlassen worden ist. Sie schenkt den Menschen reinen Wein ein hinsichtlich dessen, was Sie in diesem Bereich gemacht haben.

Sie hingegen – das war auch in der Rede Ihres Parteivorsitzenden gestern zu hören – wollen der Bevölkerung ein X für ein U vormachen. Es war allerdings die SPÖ, die die Neutralität de facto abgeschafft hat. Der Herr Bundesminister ist bereits darauf eingegangen. Die SPÖ war es auch, die Österreich mit der "Partnerschaft für den Frieden" de facto in die NATO geführt hat. Wir haben das damals als Oppositionspartei durchaus kritisch begleitet, aber grundsätzlich begrüßt.

Meine Damen und Herren! Bei allen Konferenzen der Regierungschefs nach unserem Beitritt zur EU haben SPÖ-Kanzler alle EU-Beschlüsse zur gemeinsamen Sicherheits- und Verteidi


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