Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 92. Sitzung / Seite 152

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

jedenfalls zugesagt –, in dem wir die Bundesregierung auffordern, dem Nationalrat unverzüglich die entsprechenden Novellierungsvorschläge im Geiste des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes zum Volksgruppengesetz vorzulegen.

Aber das ist nicht die einzige Crux hinsichtlich der politischen Diskussion betreffend Volksgruppen in Österreich. Es bestehen Topographieverordnungen für Kärnten – sie stammen aus dem Jahre 1976 und werden seit 1976 missachtet! Also nicht nur vom jetzigen Landeshauptmann (Abg. Gaugg: Was geht Sie als Burgenländerin das an?! Was interessiert Sie das schöne Land Kärnten, wenn Sie im Burgenland zu Hause sind?!), sondern auch von allen vorhergegangenen Landeshauptmännern in Kärnten, nicht nur von dieser Bundesregierung, die keine Schritte setzt, sondern auch von den vorhergegangenen Bundesregierungen.

Auch die SPÖ hat hier offensichtlich das Problem, mit gespaltener Zunge sprechen zu müssen. Ich frage mich manchmal wirklich: Wo hört die SPÖ-Welt des Kollegen Gusenbauer auf, an der Pack oder im Lavanttal oder dort, wo das zweisprachige Gebiet ist? Es sind die SPÖ-Bürgermeister in Kärnten, in deren Gemeinden die zweisprachigen Ortstafeln fehlen – 24 an der Zahl; eine einzige davon in einer Gemeinde, in der kein sozialdemokratischer Bürgermeister ist. Diese Ortstafeln fehlen, und da wird täglich Gesetzesbruch begangen. Die Verfassungskundigen wissen, wie schwierig, ja geradezu unmöglich es ist, dagegen vorzugehen, wenn die Repräsentanten des Staates nicht handeln.

Wenn dann Volksgruppenvertreter wie im Fall des neuen Erkenntnisses agieren, dann werden sie ausgegrenzt, ausgegrenzt von den Parteien, ausgegrenzt von den Repräsentanten, und zur Seite geschoben, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Bundeskanzler! Welche Aussagen haben Sie getroffen, als bekannt wurde, dass die Freiheitliche Partei in Kärnten pauschal gegen die Volksgruppe hetzt mit ihrer Kampagne für ein Volksbegehren in Kärnten (Abg. Gaugg: Jetzt ist es aber genug!), wo es um die Frage geht: Soll die Kärntner Landesregierung einer Ausweitung der Zahl zweisprachiger Ortstafeln auf Grundlage des Erkenntnisses zustimmen? – Wissen Sie, was das im Klartext heißt? Das ist ein Aufruf zum Gesetzesbruch!

Warum schweigen Sie dazu, Herr Bundeskanzler (Abg. Dr. Stummvoll: Redezeit!), wenn es Ihnen – und jetzt nehme ich Sie wieder wörtlich – um das Miteinander und – wie Sie heute hier gesagt haben – das Gemeinsame geht? Ich vermisse es, Herr Bundeskanzler! Sie sind nämlich im Gegensatz zu den Volksgruppenangehörigen kein einfacher Bürger dieses Landes, sondern Sie sind als Bundeskanzler dieses Landes Primus inter Pares, und deshalb: Sprechen Sie, bitte! Sprechen Sie zu jenen, die darauf warten, dass sie ihre Rechte nicht immer über Höchstgerichte einfordern, einklagen müssen, sondern die erwarten, dass ihre Vertreter sie auch umsetzen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend die Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses, auf den sich Kollegin Stoisits bezogen hat, ist genügend unterstützt, wird verteilt, steht in Verhandlung und wird abgestimmt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend unverzügliche Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses zu zweisprachigen Ortstafeln nach dem Volksgruppengesetz – eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage 3345/J (XXI. GP)

Mit Erkenntnis vom 13.12.2001 (G 213/01-18; V 62, 63/01-18) hat der Verfassungsgerichtshof u.a. Bestimmungen des Volksgruppengesetzes, BGBl. 1976/396, und der Topographie-Verordnung für Kärnten vom 31. Mai 1977, BGBl. 306, als verfassungswidrig aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof argumentierte in seinem Urteil, daß die Voraussetzung eines Minderheitenanteils von 25 % für die Aufstellung von zweisprachigen topographischen Aufschriften dem Art. 7


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite