Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 94. Sitzung / Seite 120

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Dieses Agenturkonzept setzt den Hebel nicht dort an, wo die EU-Inspektoren immer wieder Mängel bei unseren Kontrollsystemen attestiert haben. Es wird im Personalbereich, im Finanzbereich und vor allem auch im Unabhängigkeitsbereich nichts verbessert. – Nein! Diese Agentur wird beiden Ministern unterstellt, statt sie nach EU-Konzeption nur dem Gesundheitsministerium zu unterstellen. Es wird sogar der Einfluss der Landwirtschaft vergrößert, indem der Geschäftsführer, der wahrscheinlich, sage ich, das Sagen haben wird, gleichzeitig der Direktor der Bundesanstalt für Ernährung ist, die natürlich eine oberste Behörde des Landwirtschaftsministeriums ist. Das ist eine Verschlechterung gegenüber dem Status quo, der unseres Erachtens aber auch massiver Reform bedarf.

Ich habe diesbezüglich schon wiederholt Ihre Vorgängerin angeprangert, die zu wenig für die Lebensmittelkontrolle getan hat – zu wenig Finanzen, zu wenig Personal. Sie kehren den Trend jedoch nicht um, sondern verstärken ihn durch dieses Ausgliederungskonzept.

Genau hier setzt auch die Kritik des Rechnungshofes an. Er hat in seiner Stellungnahme klar gesagt: Ausgliederung bewährt sich nicht bei zentralen staatlichen Aufgaben der Kontrolle.

Herr Kollege Schwarzböck! (Abg. Auer: Schwarzenberger!) Passen Sie bitte auf: Sie sind ja selbst als Landwirt (Abg. Auer: Schwarzenberger! – Abg. Schwarzenberger: Schwarzenberger!) – Entschuldigung: Schwarzenberger – daran interessiert, dass die Qualität Ihrer Produkte richtig bewertet wird, und Kontrollfunktionen sind genuin staatliche Aufgabenbereiche. Diese würden jetzt ausgegliedert, und das entspricht unseres Erachtens nicht der Umsetzung der EU-Richtlinien, in denen immer wieder die Rede von behördlichen, von unabhängigen Kontrollen ist. (Abg. Schwarzenberger: Die Gesellschaft gehört zu 100 Prozent dem Staat!)  – Ja, sie gehört zu 100 Prozent dem Staat, keine Frage, aber über Tochtergesellschaften ist eine Beteiligung Privater möglich, und durch Auftragsannahmen aus Privatbereichen ist es auch möglich, Geld zu lukrieren. Damit läuft man aber Gefahr, auch Abhängigkeiten einzugehen. – Das ist für uns nicht die unabhängige, nicht die staatliche, nicht die qualitätsorientierte Kontrolle, die wir wünschen. (Beifall bei den Grünen.)

Ein großer Schwachpunkt – das haben auch Sie, Herr Minister Molterer, im Ausschuss durchaus zugestanden – sind natürlich die fehlende Eingliederung und das fehlende Eingliederungskonzept der Kontrollstellen vor Ort. Bitte, wer kontrolliert im Stall, wer kontrolliert auf dem Feld, wer kontrolliert in den einzelnen Schlachthöfen? – Die Behörden der Landesregierungen vor Ort. Das sind konkret Behörden, die den Agrarlandesräten, Veterinärlandesräten und eventuell auch Lebensmittellandesräten unterstellt sind. Die erste Stufe der Kontrolle liegt also im Prinzip – und das hat die EU immer wieder kritisiert – unverändert im Einflussbereich der Agrarier auf Landesebene.

Sie sind mit Ihrem Artikel 2, den die Regierungsvorlage für den Weisungsbereich ursprünglich vorgesehen hat, nämlich ein Durchgriffsrecht von Ihrer Seite oder von Seiten des Herrn Ministers Haupt, gescheitert. Es wäre mit Zwei-Drittel-Mehrheit und Verfassungsbestimmung möglich gewesen, das zu verankern. Es hat hier auch von einer großen Partei Signale gegeben mitzugehen. Sie aber bleiben nach wie vor auf der Ebene sozusagen der Wasserreicher Ihrer Landespolitiker, die aus jenen Reihen kommen, welche wahrscheinlich nicht gewährleisten, dass wirklich 1A-Qualität auch zugunsten der Produzenten auf die österreichischen Tische kommt.

Ihre Formulierung: Jetzt haben wir eine lückenlose Kontrolle vom Feld beziehungsweise vom Stall bis zum Tisch! stimmt also nicht. Sie haben eine Vereinigung aller Institutionen auf Bundesebene, aber die große Lücke, die große Crux an der ganzen Sache ist die mittelbare Bundesverwaltung, und vor dieser haben Sie kapituliert. Deshalb verweigern wir auch unsere Zustimmung gegenüber einem Torso, wie ihn diese Agentur darstellt. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schluss lassen Sie mich noch auf ein kleines Detail hinweisen, das für sich sehr beispielhaft für die Ausweitung des Einflussbereiches von Herrn Minister Molterer, von Seiten der Landwirtschaft und der Agrarier ist: Es ist die Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht. Mein Vorvorredner hat schon darauf hingewiesen: Unser Zugriff auf Datenmaterialien wird schwieriger. Es gibt extra § 9 Abs. 3, in dem die Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht der Angestellten die


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite