Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 201

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Ich glaube, es ist daher richtig, dass die Enquete-Kommission zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es eine Selbstbeschränkung von Meinungsforschungsinstituten geben sollte, nämlich dahin gehend, dass gewisse Standards, die einzuhalten sind, geschaffen werden mögen, dass man das Sample angibt, die Quelle angibt, die Fragestellung angibt und dergleichen. Aber ich bin auch dafür, dass man diejenigen Meinungsforschungsinstitute, die dagegen verstoßen, nicht vor den Kadi zerrt. Das ist für mich ebenfalls keine Frage.

Die andere Frage scheint mir ernster zu sein, nämlich die Beeinflussung durch die vorzeitige Bekanntgabe von Teilwahlergebnissen am Wahltag, beispielsweise von Wahllokalen, die schon um 12 Uhr oder um 13 Uhr sperren. Wir sehen das immer wieder (Abg. Kiss: Wir vom Land!), wir Vertreter der Parteien kennen ja diese Ergebnisse sehr frühzeitig. Da sieht man wirklich, dass sich diese Trends tatsächlich fortsetzen. Daher ist es meines Erachtens absolut nicht wünschenswert, dass diese Ergebnisse bekannt gemacht werden – jetzt noch dazu völlig frei im Internet – und damit der Bandwagon-Effekt, von dem die Meinungsforschung spricht, ausgelöst wird, nämlich dass die Leute ganz gern bei den Siegern dabei sind.

Allerdings wird man das nicht verhindern können. Das Internet ist ja unbeschränkbar, und es wäre völlig obskur und unzweckmäßig, wenn man hier Verbote erließe. Das Einzige, was man hier machen kann, ist, eine einheitliche Schließzeit für die Wahllokale festzulegen. Ich weiß, dass sich die Gemeinden und Städte dagegenstellen. Ich bin hier absolut der Meinung des Innenministeriums; dieses sagt, es wäre zweckmäßig, dass jede Gemeinde, jede Stadt den Beginn der Wahlzeiten selbst festsetzt, aber ein einheitliches Ende besteht. Dann gäbe es nur 17 Uhr oder 18 Uhr als Endzeitpunkt, und dann gäbe es keine vorzeitigen Veröffentlichungen.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit etwas sagen zu der Praxis, die ich als Wahlzeuge und Mitglied von Wahlkommissionen kennen gelernt habe und bei der ich hoffe, dass innerhalb des Hohen Hauses ein Konsens besteht. Es geht um die so genannten Stricherllisten, die insbesondere in den Städten weit verbreitet sind.

Damit meine ich Folgendes: In der Wahlkommission sitzen Vertreter der politischen Parteien. Wenn jemand seine Stimme abgibt, dann werden von einzelnen Parteien so genannte Stricherllisten angefertigt, die von den Parteien vorbereitet sind. Darin werden diejenigen abgezeichnet, etwa Bewohner eines bestimmten Hauses – beispielsweise Mozartstraße 5 –, die schon gewählt haben. Um 13 oder 14 Uhr kommen die hilfreichen Geister von der Partei, die nicht nur die Wurstsemmel und das Getränk – den Tee oder was auch immer – mitbringen, sondern die auch gerne bereit sind, diese Liste entgegenzunehmen. Sie marschieren dann in die Parteizentralen, und dort beginnt das Calling. Es beginnt die Intervention. Es werden Leute angerufen, und es wird ihnen gesagt: Ihr habt noch nicht gewählt, und das ist so wichtig, Genossen oder was auch immer.

Ich finde das falsch, ich finde das nicht richtig! Das Wahlrecht ist doch ein Recht  – und keine Pflicht. Wenn sich jemand versagt und keine Stimme abgeben will, dann ist auch das sein gutes Recht. Ich finde es unzumutbar, dass dann auf die Leute Druck ausgeübt wird. Daher bin ich persönlich dafür, dass man hier irgendeine Regelung schafft. Es gibt einen Handlungsbedarf im Datenschutz, dass man das einfach verbietet. Es ist doch nicht in Ordnung, dass man um 13 Uhr sagt: Du hast nicht gewählt, du komm gefälligst! – Allerdings gestehe ich gerne zu, dass sich das oft ins Gegenteil verkehrt, weil manch einer so zornig ist, wenn er wählen gehen muss, dass er dann erst recht jemand anderen wählt.

Ich glaube jedoch, hier sollte Einigkeit darüber bestehen, dass das abgeschafft werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. – Bitte.

21.15

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Enquete-Kommission hat sich in vorbildlicher Zusammenarbeit mit zwei Problemkreisen befasst. Über


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