Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 100. Sitzung / Seite 86

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auf dem Rücken der Frauen ausgetragen werden wird. Wenn es nämlich keine Einkommenssicherung für Menschen, die diese schwierige Aufgabe erfüllen, gibt, dann wird das in Zukunft so nicht funktionieren. Diese Kritik ist nicht nur von den Grünen gekommen, sondern auch von vielen anderen.

Was die Frage der Sonderurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre betrifft, so kann ich dazu nur sagen, dass das eine Regelung ist, die aus der ÖVP-Alleinregierung stammt und die ich und unsere Fraktion in den Jahrzehnten, in denen sie gegolten hat, für höchst fragwürdig und für wahrscheinlich auch nicht gesetzeskonform gehalten haben. Die Regelung, die jetzt erfolgt, ist aber auch fragwürdig, Frau Vizekanzlerin, weil es den ganzen Informationshintergrund darüber, was es da für Absprachen, Nebenabsprachen (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Gar keine!) und sonstige Verhandlungen mit der Gewerkschaft gibt, nicht gibt. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Gar keine!) Deshalb ist es für die Opposition sehr schwierig, ohne Kenntnis des Hintergrundes hier pauschal eine Zustimmung zu geben.

Nun zu dem Punkt, der bereits einige Male angesprochen wurde, zur so genannten Gruppenrechtsschutzversicherung für Exekutivbedienstete. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß es und Sie wissen es auch: Es kann jedem Menschen in diesem Land widerfahren, dass er unschuldig in ein Strafverfahren involviert wird. Jedem Einzelnen von Ihnen kann das passieren! Es braucht nur jemand eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu deponieren und zu sagen: Ich habe gesehen, wie mein Nachbar gestohlen, geschlagen oder sonst etwas hat. – Es kommt zu einem Verfahren, die Sache wird öffentlich – mit all dem Beigeschmack. Diese Anzeige wird dann entweder zurückgelegt und das Verfahren eingestellt, oder Sie werden in einem Strafverfahren freigesprochen. Dabei interessiert die Republik nur bedingt, was mit den Kosten, die Ihnen als Bürger oder Bürgerin entstanden sind, passiert.

Deshalb ist die Initiative, eine Absicherung für freigesprochene Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, durchaus zu begrüßen. Aber ich frage mich: Warum nur für die Polizei? Warum nicht für jeden Bürger, jede Bürgerin, der oder die unschuldig in die Fänge der Justiz kommt und Schaden erleidet?

Ich bringe daher folgenden Antrag ein, der eine Gleichbehandlung aller Österreicherinnen und Österreicher zur Folge haben soll:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanwaltskosten bei strafgerichtlichen Freisprüchen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, dem österreichischen Nationalrat bis zum Sommer 2002 eine Reform des Ersatzes der Verteidigungskosten im Falle eines Freispruches, der Einstellung des Strafverfahrens nach Durchführung einer Hauptverhandlung oder nach Wiederaufnahme gemäß §§ 353 oder 362 StPO sowie nach Zurücklegung der Anzeige gemäß § 90 StPO vorzulegen. Inhalt dieser Reform soll in erster Linie ein gegenüber der bisherigen Rechtslage höherer – und damit realitätsnäherer – Ersatz der Verteidigungskosten in den genannten Fällen sein.

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Frau Vizekanzlerin! Wenn Sie für den "kleinen Mann", die "kleine Frau", aber auch für die großen Frauen und großen Männer sind, dann müssen Sie diese Initiative ergreifen, und nicht ein Privileg für PolizeibeamtInnen schaffen! (Beifall bei den Grünen.)

13.38


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