Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 54

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

neue Anforderungen an unser Bildungssystem stellen – und das nicht erst seit der Diskussion über das Bildungs-Volksbegehren. Ich glaube, feststellen zu dürfen, dass mehr denn je eine gute Bildung und Ausbildung darüber entscheiden werden, ob ein junger Mensch die Herausforderungen von morgen bewältigen kann und ob er ihnen gewachsen ist.

Nun müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir die morgige Welt zumindest im Detail nicht kennen. Was wir aber erahnen, sind bestimmte Umrisse, und einige Eck- beziehungsweise Fixpunkte kann man sicherlich nennen: Die Internationalisierung wird eine Herausforderung sein, eine Vielfalt von Kulturen wird uns alle umgeben, und ich meine auch, dass es einen ungeheuren Zuwachs an Wissen und Informationen geben wird, ebenso wie neue Technologien, die wir zum Teil ja schon mitten unter uns haben. Weiters – und das ist eine besondere Herausforderung – sind tief greifende Veränderungen in den einzelnen Arbeitsorganisationen zu erwarten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir in der Wissensgesellschaft weiterhin vorne mit dabei sein wollen, dann müssen wir rechtzeitig definieren: Was ist ein zukunftsfähiges Bildungssystem? Wie soll es aussehen, wie kann es aussehen? – Ich meine, es ist hoch an der Zeit, in eine öffentliche Diskussion über ein zukunftsfähiges Bildungswesen einzutreten.

In wenigen Worten: Für uns Sozialdemokraten muss ein zukunftsfähiges Bildungssystem ein breites, flexibles Angebot mit hoher Qualität sein (Beifall bei der SPÖ) – ein breites Angebot, das allen Schülerinnen und Schülern, allen Jugendlichen, aber letztlich auch allen Erwachsenen – um auch das lebensbegleitende Lernen einzubinden – den Zugang sicherstellt und ermöglicht.

Das Bildungssystem – jetzt schließe ich an die vergangene Debatte an – muss demokratisch und solidarisch sein. Es muss dynamisch, flexibel und durchlässig sein, und es muss sich vor allem in einem hohen Maß an den Fähigkeiten, Voraussetzungen und Möglichkeiten der Schüler orientieren.

Ich lasse jetzt Dinge, die heute intensiv diskutiert werden, ganz bewusst weg, weil RednerInnen meiner Fraktion noch dazu Stellung nehmen werden. Die Schulausstattung, die Klassenschülerhöchstzahlen, die Gruppengrößen, die Ressourcenzuteilung, das Lehrer-Dienstrecht, die Leistungsbeurteilung und viele andere Dinge auch – all das sind Selbstverständlichkeiten, die ich nicht extra ansprechen möchte.

Das wichtigste und wahrscheinlich oberste Ziel von schulischer Ausbildung – das ist jetzt die Stufe darunter – wird und muss sein, dass sich Schülerinnen und Schüler schrittweise, aber konsequent zu motivierten, interessierten und weitgehend selbständig lernenden Menschen entwickeln. Nur dann werden wir die Chance haben, mehr Menschen als bisher in die Lage zu versetzen, lebensbegleitendes Lernen wahrzunehmen beziehungsweise auch ernst zu nehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Damit ändert beziehungsweise verbreitert sich auch die Zieldimension von Bildung ganz wesentlich. Bildung bietet persönliche Orientierung in einer immer komplexer werdenden Welt – ein erster wichtiger Punkt. Bildung ermöglicht die Teilnahme und Gestaltung des persönlichen und des gesellschaftlichen Lebens, und schließlich ist Bildung der Schlüssel auf dem Arbeitsmarkt und die Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung.

Sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsparteien! Leider hatten Sie weder die Bereitschaft noch den Willen dazu, diese Probleme im Zuge der Debatte über das Bildungs-Volksbegehren aufzugreifen. Ich sage deshalb "leider", weil es von den Experten eine Fülle von Anregungen gegeben hat, und weil wir selten die Möglichkeit haben, mit derart vielen hochkompetenten Experten zusammenzusitzen und diese wichtigen Dinge zu diskutieren.

Ich hätte mir erwartet, dass wir wenigstens im Rahmen der Generaldebatte dazu eine Diskussion geführt hätten. Denn wenn ich mir etwa die Vorschläge und Überlegungen von Professor Schilcher, von Professor Rathmayr, von Professor Lenz oder Frau Dr. Strasser in Erinnerung rufe, dann kann ich sagen, es gab Optionen, es gab Vorschläge, die geeignet waren, die Gelegenheit zu einer umfassenden Diskussion wahrzunehmen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite