Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 55

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Bedauerlich und eigentlich enttäuschend ist für mich die Generaldebatte verlaufen, weil sie von den beiden Regierungsparteien lediglich dazu genutzt wurde, um uns mitzuteilen – nach 20-stündiger, intensiver und nach meinem Verständnis auch sehr gut laufender Diskussion –, es gebe keinen Handlungsbedarf.

Im Bildungs-Volksbegehren, in den Bürgerinitiativen und Petitionen wurden nur die damals besonders aktuellen Eckpunkte und Druckstellen angesprochen und aufgegriffen. Lassen Sie mich im Telegrammstil dazu jetzt noch ganz kurz Stellung nehmen.

Massiv kritisiert und daher ins Bildungs-Volksbegehren aufgenommen wurde die doch überfallsartige Einführung der Studiengebühren, die zur Konsequenz hatte, dass es alleine im Studienjahr 2001/2002 eine Reduktion der Studierenden um knapp 20 Prozent gegeben hat, dass es einen alarmierenden Rückgang bei den weiblichen Studienanfängern gegeben hat und dass es in der Zwischenzeit bereits 82 Prozent Studierende gibt, die teilweise beziehungsweise voll berufstätig sein müssen, damit sie sich das Studium überhaupt noch leisten können.

Ich kritisiere jetzt, dass bis heute und auch im neuen Universitätsentwurf der Begriff des berufstätigen Studenten überhaupt nicht existiert. Es gibt keine spezifischen Angebote für diese Gruppe. Es gibt keine entsprechenden zeitlichen Anpassungen, es gibt auch keine strukturellen Anpassungen. Das führt dazu, dass ebendiese berufstätigen Studierenden wesentlich längere Studienzeiten haben und natürlich, obwohl sie es kaum konsumieren, jedes Semester ihren Studienbeitrag zahlen müssen. Wenn Sie sagen, dass hier kein Handlungsbedarf besteht, meine Damen und Herren, dann kann ich das nicht nachvollziehen!

Durch die Budgetbegleitgesetze und den Finanzausgleich – das wissen Sie – wurden Sparmaßnahmen im Bildungsbereich eingeleitet. Sie verneinen diese Sparmaßnahmen. Wenn Sie allerdings die Realität der Klassen, der Schulen betrachten, dann müssen Sie zur Kenntnis nehmen – wir haben sehr viele Kontakte –, es gibt eine Reihe von Streichungen von zusätzlichen Bildungsangeboten im Unterricht: So werden etwa der spezielle Förderunterricht und Maßnahmen zur Integration von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache reduziert, die Nachmittagsbetreuung ist in Frage gestellt, ebenso wie Freigegenstände, unverbindliche Übungen und einiges andere mehr. Aber bei all dem besteht für Sie kein Handlungsbedarf!

Die bis heute ungelöste Problematik im Bereich der Sekundarstufe I war ein ganz wesentlicher Diskussionspunkt. Sie kennen die Problematik. Wir haben in den Ballungsräumen einen Kampf um Schulplätze in der AHS-Unterstufe, wir haben daneben die austrocknende Hauptschule. Wir haben in Städten, die mehr als 10 000 Einwohner haben, bereits heute 50 und mehr Prozent Schüler in der AHS-Unterstufe. In den ländlichen Regionen ist die AHS-Unterstufe nicht erreichbar, und die Hauptschule ist die Schule für alle.

Dann haben wir über schulische Kooperationsformen diskutiert. Experten und Abgeordnete waren gemeinsam der Auffassung, Kooperationen sind notwendig, und sie finden vielerorts auch bereits statt – Kooperationen über alle Schularten hinweg: Grundschule – Hauptschule, Grundschule – AHS, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Pädagogische Akademien, Universitäten und vieles andere mehr.

Wir haben auch gefunden, dass an den Nahtstellen Kooperationen besonders wichtig sind, also Volksschule – weiterführende Schulen, Hauptschule – weiterführende Schulen und so weiter. Alles gut und richtig. Eines aber konnten oder wollten Sie nicht zulassen, nämlich die Fixierung von Kooperationen, von offenen, flexiblen Kooperationen im Bereich der Sekundarstufe I. Wir wollten eine bundeseinheitliche Regelung für neue Formen der Kooperation, aber dazu gibt es bedauerlicherweise ein Nein, denn auch da sehen Sie keinen Handlungsbedarf.

Meine Damen und Herren! Die permanent steigenden Klassenschülerzahlen führen auch zu einer schwierigeren Situation in unseren Schulen. Wir haben heute 350 Klassen in Österreich, in denen 36 und mehr Schüler sitzen. Sie versuchen zwar immer wieder, uns mit Durchschnittswerten zu beruhigen, aber die reale Situation in ebendiesen 350 Klassen kann nur katastrophal sein – weil wir wissen, dass hohe Schülerzahlen einen modernen Unterricht nahezu unmöglich


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