Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 81

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12.07

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute die Bildungssituation in Österreich, das Bildungs-Volksbegehren und die unzähligen Petitionen und Bürgerinitiativen, die es in den letzten Jahren zu diesem Thema gegeben hat. In der gesamten Geschichte des Petitionsausschusses war es noch niemals so, dass es zu ein und demselben Thema so viele Bürgerinitiativen und Petitionen gegeben hat, und das spricht für sich. Das heißt, dass das Interesse am Thema Bildung und vor allem, Frau Ministerin, an der Reduzierung der Bildung in Österreich, wie das in den letzten Jahren durch diese Bundesregierung betrieben worden ist, noch nie so groß war.

Ich möchte das anhand einiger Beispiele festmachen, damit Sie einfach wissen, weshalb die Bürgerinnen und Bürger die Chance nutzen mussten, Bürgerinitiativen und Petitionen hier im Parlament einzubringen und ein Bildungs-Volksbegehren zu starten.

Frau Ministerin! Ich bin, wie Sie wissen, Vertreterin der behinderten Menschen, und ich muss sagen, mir ist die Integration behinderter Menschen in allen Bildungsbereichen ein ganz wichtiges Anliegen. Für behinderte Menschen, Frau Ministerin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es keine Chancengleichheit, gibt es kein Recht auf jene Bildung, die der einzelne für sich absolvieren will. Sie haben in den letzten Jahren gerade dort, wo es um die Schulintegration von behinderten Menschen ging, keine Fortschritte erzielt, sondern Sie haben es geschafft, das Bildungssystem für behinderte Menschen scheibchenweise zu reduzieren und es immer mehr Kindern mit Behinderung sowie deren Eltern unmöglich zu machen, ihr Recht auf integrative Bildung auch in Anspruch nehmen zu können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin! Sie haben sich etwas Einzigartiges geleistet. Sie sagen, es bringe nichts, wenn man behinderte Kinder "durchschleift". – Behinderte Kinder haben ein Recht auf Bildung! Ich weiß, dass es keinen Lehrer mehr gibt, der Kinder "schleift", und ich wünsche mir, dass es auch nie wieder dazu kommt.

Es geht um die Integration und das Recht auf Chancengleichheit, Frau Ministerin! Sie haben gesagt, Bildung sei die Grundlage für unsere Gesellschaft. – Behinderte Menschen sind auch Teil dieser Gesellschaft (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), und sie wollen auch dieses uneingeschränkte Recht auf Bildung für sich in Anspruch nehmen. Also wenn es Ihnen um Gesellschaftsrechte, um Grundrechte geht, dann müssen Sie die Integration in den Schulen forcieren und dürfen sie nicht ständig behindern.

Ich möchte noch auf einen anderen Bereich zu sprechen kommen, der in Steyr – ich komme aus Steyr – schön langsam verheerend ist. Sie werden es nicht wissen, Frau Ministerin, aber immer mehr Schulklassen in Steyr, besonders in der AHS und in der BHS, werden nicht mehr in der Schule unterrichtet, sondern in Containern. Im Winter ist es dort kalt, die Kinder sitzen in Anoraks drin, die Hälfte der Klasse wird krank – und was passiert, Frau Ministerin? Nichts!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich möchte Ihnen sagen, auch ich gehörte jahrelang zu den Schwachen, und die Grünen haben mir die Chance gegeben, meine Stärken zu entwickeln. Jetzt rolle ich dafür, die Schwachen zu unterstützen, damit sie ihre Stärken entwickeln können. Behinderte Menschen brauchen, um gestärkt zu werden, einklagbare Rechte.

Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fordere Sie auf: Schaffen Sie ein Bundesbehindertengleichstellungsgesetz, und zwar jetzt, denn nur Menschen mit Rechten sind Menschen, die in dieser Gesellschaft auch anerkannt werden. Das muss doch auch das Ziel dieser Bundesregierung sein! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.


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