Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 85

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die beiden von Frau Abgeordneter Mag. Wurm verlesenen Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

12.26

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es ist wohl klar und einsichtig, dass es leichter ist, mit einer kleineren Anzahl an Schülern zu arbeiten. Leichter, sage ich, das bedeutet aber nicht, dass der Unterricht automatisch besser ist und die Schüler mehr lernen. Ein angenommenes Ideal, ein Wunschzustand von Lehrern und Eltern sind kleine Klassen, ein Mythos die Gleichung: Weniger Kinder ist mehr Bildung pro Kind!

Ganz sicher gibt es keinen Zusammenhang zwischen Klassengröße und Lernleistung; das beweisen Studien, zum Beispiel die jüngste der Universität Koblenz-Landau über Mathematikleistungen in der achten Schulstufe oder die der Universität Marburg über kognitive Leistung, und erste Auswertungen der aktuellen Schulstatistik in Österreich bestätigen das.

Mich persönlich wundern diese Ergebnisse nicht. Ich kenne große und kleine Klassen von meiner eigenen Ausbildung her. Effiziente Klassenführung oder die Qualität des Unterrichts waren für mich immer hauptsächlich von den Personen, die da lehren, abhängig und nicht davon, ob eine Klasse größer oder kleiner war. Teilweise lagen die Klassenschülerhöchstzahlen, insbesondere in den unteren Klassen, weit über der heutigen Norm, dennoch gab es ausgezeichnete Abschlüsse und ein hohes Bildungsniveau und große Gruppenzusammengehörigkeit.

Ich weiß, man versucht gleich wieder mit Quantität zu kontern: Der Lehrstoff habe zugenommen, die Probleme seien größer geworden und so weiter. Wie immer wird mit Masse argumentiert, mit Lehrstoff. Für mich ist das eindeutig zu simpel. Es muss differenzierter hingesehen werden. Die Leistungsbereitschaft des Schülers, sein Interesse, seine soziale Herkunft sind genauso wichtig wie ein "Brennen" des Lehrers, das Interesse für den zu vermittelnden Lehrstoff, die Begeisterung für die Möglichkeit, jungen Menschen etwas vermitteln, etwas geben zu können, worauf sie ihre Zukunft bauen.

Fragt man begabte Menschen, große Forscherpersönlichkeiten nach ihrer schulischen Geschichte, bekommt man fast immer ähnliche Antworten: Ausschlaggebend war ein charismatischer Lehrer, war die Faszination durch die Art der Wissensvermittlung. Wir können es drehen, wie wir wollen, es kommt auf den Lehrer an, auf das Wie des Unterrichts und auf das Engagement, auf die Fähigkeit des Vermittelnden und auf das Interesse und die Aufmerksamkeit des Empfangenden.

Meine Damen und Herren! Abgesehen davon, dass die durchschnittliche Klassenschülerzahl in den Pflichtschulen heute weit unter 30 liegt und wir eine sehr gute Schüler-Lehrer-Relation haben, vor allem in den ländlichen Regionen, gibt es in manchen Bereichen der Unterstufe der AHS oder in Ballungszentren gewisse Schwierigkeiten, und das soll auch gar nicht ausgeblendet werden. Hier haben es die Lehrer teilweise mit außerordentlichen Voraussetzungen zu tun, unter anderem mit der Integration von anderssprachigen Schülern, aber auch hier gibt es äußerst fähige Lehrer, die diese Probleme voll Engagement angehen; ich kenne einige davon persönlich.

Außerdem haben wir die Möglichkeit von Begleit- und Stützlehrern, von Wahlpflichtfächern in den AHS, von Gruppenteilungen in den BMHS, von Leistungsgruppen in den HS und weitere flexible Möglichkeiten im Rahmen der Schulautonomie, und das führt schon jetzt in der Regel zu Unterrichtssituationen mit weniger Schülern.

Meine Damen und Herren! Das Vertrauen in die Fähigkeiten und in die ausgezeichnete Ausbildung unserer Lehrer, ihre Motivation und unsere Unterstützung für ihre insbesondere in Ballungszentren schwierige Arbeit muss für uns ein vorrangiges Ziel sein. Die Frage der


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