Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 68

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verschlossener Tür und durfte nicht hinein. Die Kranke, so hieß es, würde behandelt werden. Allein gelassen mit meinen Gefühlen, rannten fremde Leute und Klinikpersonal aus und ein. Auf mein Drängen erklärte ein Arzt, dass meine Mutter zu einer MR-Untersuchung geführt werde. Der Wunsch, meine Mutter zu sehen, wurde abgelehnt. Wenig später – ich war gerade in einer Sitzung – wurde mir mitgeteilt: auf Transport gestorben. Gleich darauf wollte man von mir wissen, ob ich mit der Öffnung der Leiche einverstanden bin. Ich könnte sie aber vorher noch sehen. Blind vor Schmerz und Trauer verließ ich das Krankenhaus. Warum hatte ich nicht die Möglichkeit, mit ihr zu sprechen? Was wollte ich nicht noch alles sagen, was sollte sie mir noch alles sagen? Allein, allein, Dunkelheit. – Ende des Auszuges aus dem Tagebuch.

Meine Damen und Herren! Ein herzloser Umgang mit Sterbenden und Angehörigen, wie er tagtäglich in unseren Krankenhäusern passiert. Dieser Auszug stammt aus dem Tagebuch einer damals jungen Steuerberaterin, Steuerberatungskonzipientin, die heute vor Ihnen steht. Vielleicht habe ich gerade auf Grund dieses Erlebnisses den Weg meiner Karriere im Gesundheitswesen, im Krankenhauswesen und in der Politik gehen müssen. Ich habe mich – und meine Kollegen wissen das – bereits im Landtag speziell für Palliativstationen, für mobile Hospizbetreuung und Familienkarenz eingesetzt. Die Begleitung eines Angehörigen in den letzten Tagen und Stunden ist eine Liebe, ein Wert in unserer Gesellschaft, der zum Teil durch High-Tech-Medizin, durch Verdrängen, durch Zeitdruck und durch Konsumstress verloren gegangen ist.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Es besteht auf Grund des uns hier vorliegenden Gesetzes die Möglichkeit, ohne Angst, seinen Job zu verlieren, höhere Werte unserer Gesellschaft in den Vordergrund zu stellen. Ihr Entschluss, dieses Gesetz nicht mitzubeschließen, zeigt mir, welche Wertigkeit Sie zum Teil oft haben. Ich appelliere an Sie als Menschen, nicht das Geld im Vordergrund zu sehen, sondern die Liebe am Ende eines gemeinsamen Lebens. – Unseren beiden Ministern und Staatssekretären danke ich für dieses Gesetz. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

12.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bauer. – Bitte.

12.20

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn man die Regierungsvorlage, in der es um die Hospizkarenz geht, betrachtet, dann kann man sagen, dass es etwas Wichtiges und Gutes ist. Es geht darin um die Möglichkeit, einem lieben Menschen beizustehen und ihn aus dem Leben hinauszubegleiten. Schaut man sich aber die Möglichkeiten zur Umsetzung näher an, dann muss man feststellen, dass dieses Hinausbegleiten eines Angehörigen nur für eine bestimmte Gruppe möglich gemacht wurde, nämlich für jene, wo das Einkommen des oder der Betreuenden das auch zulässt.

Mit dieser Regierungsvorlage wird zwar für die Zeit der Betreuung, bis zu sechs Monate, gewährleistet, dass man kranken- und pensionsversichert ist, aber der pflegende Angehörige hat während der Zeit der Betreuung kein Einkommen. Das bedeutet, meine Damen und Herren, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 9 500 S oder 10 000 S netto, von denen es in Österreich Zigtausende gibt, nicht in der Lage ist, diese Hospizkarenz in Anspruch zu nehmen, da sie beziehungsweise er ja nicht, und sei es auch nur für den Zeitraum eines Monats, auf das Einkommen verzichten kann. Frau Abgeordnete Steibl, du kannst den Betroffenen ja sagen, warum sie das nicht in Anspruch nehmen können: weil das nicht eure Klientel ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl. )

Der Herr Bundesminister ist nicht mehr da. Ich hatte gehofft, da er ja ein Gespräch in Aussicht gestellt hat, dass Sie von ÖVP und FPÖ noch dazu zu bewegen sein würden, auch unsere Vorschläge, die wir eingebracht haben, zu akzeptieren. Kollegin Silhavy und auch Kollege Nürnberger haben schon eindeutig aufgezeigt, wie eine finanzielle Absicherung möglich wäre. Es könnte zum Beispiel eine Ersatzleistung aus den Mitteln des Ausgleichsfonds für Familien


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