Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 65

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12.03

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Hohes Haus! Vor fast genau zehn Jahren, nämlich am 5. Juni 1992, hat der Nationalrat die Bundesregierung mit Entschließung ersucht, den seit 1960 bei den Vereinten Nationen anhängigen Streit mit Italien über die Auslegung des Pariser Abkommens betreffend Südtirol für beigelegt zu erklären.

Auf Grund eines Berichtes des Außenministeriums war das Parlament damals nach eingehender Debatte zur Überzeugung gelangt, dass das Paket derart als erfüllt anzusehen ist, dass Südtirol – ich zitiere wörtlich – "heute in seinem ethnischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Bestand gesichert ist". Damit waren die wesentlichen Voraussetzungen des Pariser Vertrages als verwirklicht anzusehen.

Am 11. Juni 1992, also gestern vor zehn Jahren, erklärte Österreich sodann in einer offiziellen Note an die italienische Seite den Streit über Südtirol für beigelegt. Diese Erklärung wurde noch am selben Tag dem Generalsekretär der Vereinten Nationen notifiziert.

Hohes Haus! Ich halte es für wichtig, der Öffentlichkeit diese Abläufe in Erinnerung zu rufen, ebenso die Tatsache, wie intensiv sich das Parlament damals mit dem Thema Südtirol auseinander gesetzt hat. Darin kommt eben vor allem der staatspolitische Stellenwert zum Ausdruck, welcher der Südtirolfrage mit gutem Grund stets beigemessen worden ist.

Ich halte es daher auch für wichtig, dass der Unterausschuss zur Erörterung südtirolpolitischer Fragen auch zehn Jahre nach Streitbeilegung weiter besteht, wodurch sinnfällig zum Ausdruck gebracht wird, dass die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol auf der Grundlage des Pariser Abkommens weiterhin gegeben ist (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der Grünen) und auch auf einem parteienübergreifenden Konsens beruht.

Alois Mock, der ja, wie wir alle wissen, vor zwei Tagen Geburtstag hatte und dem ich noch einmal herzlich gratulieren möchte, meinte: "Für die Anliegen Südtirols wird sich die Schutzmacht Österreich immer einsetzen – mit der Kraft des Verstandes und des Herzens!"

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute kann ich das in meiner Funktion als Außenministerin, aber auch als Österreicherin, die gewisse familiäre Bande nach Südtirol hat, nur bestätigen. Selbstverständlich stehe ich dazu und habe es, wie ich meine, auch in der Vergangenheit schon gezeigt. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

An dieser Stelle darf ich noch einmal einen herzlichen Gruß an eine Reihe von Freunden aus Tirol und Südtirol richten, die, angeführt von Alt-Landeshauptmann Silvius Magnago, heute bei uns sind. Ich danke Ihnen sehr, dass Sie dieser Debatte beiwohnen! (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die dynamische Weiterentwicklung der Autonomie Südtirols in den letzten zehn Jahren bestätigt, dass die Abgabe der Streitbeilegungserklärung zum richtigen Zeitpunkt erfolgte und die richtige Entscheidung war. Das Land konnte seither, wie ich meine, seine Kompetenzen noch erheblich ausbauen und sogar die Autonomie zusätzlich festigen. Auch sonst sind die Dinge für Südtirol gut gelaufen.

Seit Österreichs EU-Beitritt am 1. Jänner 1995 sind die Tiroler Landesteile in einem Binnenmarkt miteinander verbunden und entwickeln sich, eingebettet in den europäischen Integrationsprozess, immer besser. Wir verfügen damit über denkbar günstige Rahmenbedingungen auch für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit vor allem im Rahmen dieser Europaregion. Die regionale Zusammenarbeit über den Brenner, so darf ich sagen, ist tatsächlich auch ein ausgezeichnetes Beispiel für gute regionale Kooperation.

Eine zusätzliche Dynamik ist nun durch das Schengener Abkommen entstanden, durch den Wegfall der Grenzkontrollen am Brenner im April 1998. Ich erinnere mich, dass das auch ein großer emotionaler Moment war, und zwar sowohl für die Tiroler als auch für die Südtiroler.


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