Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 73

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konservative Partei ist, ein Bündnis mit Mitte-Links geschlossen, um in ihrem Wahlkreis einen Kandidaten der Liste Berlusconi zu verhindern? – Weil sie gewusst haben, dass sich die Autonomie Südtirols unter dieser Mitte-Links-Konstellation sehr positiv weiterentwickelt hat, und weil sie befürchtet haben und nach wie vor befürchten – und das müssen wir, bitte, ernst nehmen! –, dass es mit der Autonomie nicht positiv weitergehen wird, und sie wissen, dass man hier sehr auf der Hut sein muss.

Wieso muss man sehr auf der Hut sein? – Auch da lohnt sich der Blick in die Geschichte. Kollegin Haller, du hast die Optanten erwähnt. Das ist wirklich ein schlimmes Kapitel, das den Ausgang in einem Abkommen, geschlossen 1939 in Berlin zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem faschistischen Italien, genommen hat: Jene, die den Südtirolern zugesagt haben, die dortige deutsche Minderheit zu schützen, genau jene haben dann diese deutsche und österreichische Minderheit verraten. 75 000 Menschen mussten wegziehen! Dass die Menschen in Südtirol eine gewisse Sorge darüber haben, wie sie von jener Partei, die sich nach wie vor offen und ungeniert als die Nachfolgepartei der damaligen Faschisten bezeichnet und deren Vertretern die Frau Vizekanzlerin erst vor kurzem einen Besuch abgestattet hat, wie sie von jener Partei, die sie in der Geschichte so leidvoll erfahren haben, behandelt werden, das liegt auf der Hand.

Ich denke daher, dass es wichtig ist, dass wir uns zu einer gemeinsamen Politik für Südtirol bekennen, aber dass wir auch diese Gefahr des Nationalismus in Europa ganz klar sehen und auch wissen, dass jeder Nationalismus eine extrem minderheitenfeindliche Position einnimmt und dass das Überhandnehmen des Nationalismus in Europa die Minderheiten – auch die österreichische Minderheit in Südtirol – gefährdet.

Wir wünschen unserer österreichischen Minderheit, dass die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren zumindest so gut weitergeht wie in den letzten zehn Jahren. Wir erinnern sie aber auch an ihre Verantwortung für ein positives Zusammenleben aller Volksgruppen in Südtirol. Wir erklären hier in aller Deutlichkeit, dass es eine gemeinsame Südtirol-Politik mit uns nur dann gibt, wenn Sie als Regierungsparteien die Interessen Südtirols über die Interessen der Parteibindungen zu den Rechtsparteien in Italien stellen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. – Bitte.

12.46

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Frau Außenministerin! Liebe Freunde aus Süd- und Nordtirol! Carissimi amici dell’Italia! Meine Legitimation, als Zweitredner meiner Fraktion zu diesem Thema sprechen zu dürfen, leite ich nicht so sehr aus der formalen Tatsache ab, Mitglied des Südtirol-Unterausschusses zu sein, sondern vielmehr aus dem Faktum, dass ich seit meiner Jugend in diese Problematik involviert war. Ich habe in Rom studiert und promoviert, habe dann 1959, in einer besonders schwierigen Zeit, mit einem Jugendchor Südtirol bereist. Wir haben jeden Abend unter einer anderen Dorflinde unsere Volkslieder gesungen, von "Kein schöner Land in dieser Zeit" bis "Wahre Freundschaft soll nicht wanken", um der dortigen autochthonen deutschsprachigen Bevölkerung das Bewusstsein zu geben, dass sie nicht nur vom offiziellen Österreich nicht vergessen ist, sondern auch vom einfachen Volke nicht.

Dann war ich später zehn Jahre hindurch Präsident der Österreichisch-Italienischen Gesellschaft, die sich die Vertiefung der Freundschaft zwischen den beiden Völkern zum Ziel gesetzt hat.

Da mir nur drei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen, möchte ich mich auf zwei Gedanken beschränken: Erstens möchte ich meiner außerordentlich großen Freude darüber Ausdruck verleihen, dass der Südtirol-Konsens aller vier Parteien heute außer Frage steht, was nicht immer der Fall war. Zweitens möchte ich einen Gedanken unterstreichen, den sowohl die Frau Bundesministerin als auch Dr. Khol in ihren Schlussworten bereits zum Ausdruck gebracht haben: Eine Vereinbarung der Art, wie sie die Streitbeilegung mit Italien bezüglich Südtirol dar


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