Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 74

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stellt, kann nur dann funktionieren, wenn sie von beiderseitigem Verständnis für die Position des jeweils anderen getragen ist. Österreich hat am Fall Südtirol bewiesen, dass es dieses Verständnis aufbringt, und Italien hat dieses Verständnis von der anderen Seite her aufgebracht.

Wir haben zwei bilaterale Probleme, die noch offen sind – das ist bereits gesagt worden –: AVNOJ und einige wenige der insgesamt 143 Beneš-Dekrete. Dass Österreich das Verständnis aufbringt, hat es bewiesen. Es bleibt an der anderen Seite zu beweisen, dass das Verständnis auch von dorther kommt (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und den Freiheitlichen), ein Verständnis, das, wenn es aufgebracht wird, zeigt, dass die Südtirol-Lösung fundamentale Bedeutung für ein Europa von morgen hat und dass Lösungen zustande kommen können, die im beiderseitigen Interesse liegen – und damit auch im Interesse der Erhaltung des Friedens im Europa von morgen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

12.49

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Frau Außenministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! In den Beziehungen zwischen Österreich und Italien spielte das Thema "Südtirol" in der Vergangenheit eine äußerst wichtige und – das erkennt man, wenn man an die Ereignisse der sechziger Jahre denkt – auch eine durchaus belastende Rolle. Erst der Paket-Abschluss des Jahres 1969, der den besseren Schutz der Südtiroler im italienischen Staat sicherte, und die Erlassung des neuen Autonomiestatutes 1971/72 führten nach und nach zu einer Normalisierung der politischen Verhältnisse.

Mit der Abgabe der so genannten Streitbeilegungserklärung von Seiten Österreichs gegenüber Italien wurde am 11. Juni 1992 der zu Beginn der sechziger Jahre vor der UNO aufgeworfene Südtirol-Konflikt formell beendet.

Wir freuen uns alle über diese positive Entwicklung der Südtirol-Autonomie, die in vielen mittel- und osteuropäischen Staaten als Beispiel und als Vorbild für das Zusammenleben verschiedener Volksgruppen betrachtet wird. Zweifellos stellen die kürzlich erfolgte Verankerung des Namens "Südtirol" in der Verfassung, die Abschaffung des römischen Sichtvermerkes für Landesgesetze sowie die Rückstufung des Regierungskommissariates weitere Erfolge der Südtirol-Politik dar. Trotzdem sind das Festhalten an der geltenden Sprachenzugehörigkeitserklärung und die Beibehaltung der so genannten Ansässigkeitsklausel durchaus notwendig. Ein Thema für die Zukunft bleibt die Frage der Ortsnamenregelung, der so genannten Toponomastik, wenn man nicht Relikte der Vergangenheit für immer festschreiben will.

Meine Damen und Herren! Es ist auch zu hoffen, dass sich ähnliche Vorfälle wie jene neulich beim Dreier-Landtag nicht mehr wiederholen. Dort haben nämlich die Abgeordneten der Provinz Trentino wegen eines Antrages, der eine Amnestie ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer betraf, eine völlig unnötige Provokation gesetzt.

Ich möchte mit einigen persönlichen Anmerkungen schließen. Der Besuch der Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer am 25. Mai in Südtirol hat die engen Verbindungen zwischen Österreich und Südtirol ebenso vertieft wie der Besuch der Frau Außenministerin einige Wochen und Monate davor. Nicht nur das Treffen mit Herrn Landeshauptmann Durnwalder, sondern auch die Gespräche mit Südtiroler Bäuerinnen haben deutlich gezeigt, dass die Südtiroler unser Land noch immer als Schutzmacht betrachten. Beeindruckend war auch das Schützentreffen in Salurn, zu dem wir vom Abgeordneten Leitner, der heute auch als Zuhörer anwesend ist, begleitet wurden.

Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass jetzt, nach dieser Zehn-Jahres-Feier, bald auch jene Reise des österreichischen Südtirol-Ausschusses zustande kommt, auf die wir uns eigentlich seit Herbst vergangenen Jahres vorbereiten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.53


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