Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 83

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und es gibt genügend Beweise dafür – werden sich so lange dagegen sperren, Akutbetten in palliativmedizinische Betten umzuwandeln, solange diese humane und auch medizinische Leistung nicht entsprechend bepunktet, das heißt bezahlt wird. In dieser Hinsicht ist noch relativ wenig geschehen, um diesen Anreiz, Betten umzuwidmen, auf Länderebene auch zu nutzen.

Es ist vielleicht auch für die Zuhörer auf der Galerie erschreckend und gleichzeitig interessant, dass man mit Sterbenden nicht nur immer alte Leute meinen kann, sondern es sterben auch Säuglinge, Kinder, junge Erwachsene. Gerade im Alten-Bereich aber gibt es massive Lücken. Mehr als ein Drittel der alten Menschen stirbt nach der Einweisung in Alten- und Pflegeheime innerhalb des ersten Halbjahres. Das macht deutlich, dass es bei der Betreuung von alten Menschen ungeheure Lücken gibt, und wir wären dazu verpflichtet, auch diese zu schließen.

Es geht auch nicht an, die Liebe zu den Alten, Gebrechlichen, Schwachen und Sterbenden nur so lange zu entdecken, solange man nicht auch Opfer bringen muss. Es genügt nicht, immer an die Bürgergesellschaft zu appellieren. Ich würde darum bitten, dass man das eigene Gewissen einem Appell aussetzt, hier noch ein wenig mehr zu tun.

Ich wiederhole aber: Es ist einiges getan worden. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr enttäuschend ist für mich aber die Beantwortung eines Schreibens des Dachverbandes Hospiz Österreich, der sich zur Koordination aller Länderaktivitäten zur Fort- und Weiterbildung an das Sozialministerium gewandt hat, mit der Bitte, die Finanzierung einer  – ich betone: einer!  – Halbtagskraft zu ermöglichen, einer "halben" Kraft, um diese Aufgabe zu bewerkstelligen.

Wie aber heißt es in diesem Antwortbrief? – Auf Grund Ihres Leistungsschwerpunktes Hospizeinrichtung ist dieser Schwerpunkt dem pflegerischen Bereich zuzuordnen und daher für Vorhaltung und Finanzierung in der Zuständigkeit der Länder. – Zitatende.

Wenn Sie den Föderalismus und die Liebe zum Föderalismus so lange predigen, bis man die Verantwortung der Regierung relativ locker den Ländern zuschiebt und nicht bereit ist, diese Gesetze zu überdenken, wenn Föderalismus in Zukunft so weit gehen wird, dass man sagt: Auch im Sterben herrscht Eigenverantwortung!, dann frage ich mich schon, was da noch gemacht werden soll.

Die Bürgergesellschaft kann sich nicht darin erschöpfen, dass Pfadfinder und andere für alte Leute einkaufen gehen, sondern es braucht auch Professionalität dazu. Und diese muss finanziert werden. Ich bitte Sie, anzuerkennen, dass niemand aus Jux und Tollerei stirbt, niemand auch infolge strahlender Gesundheit, sondern dass diese Leute krank sind, und es ist nicht einzusehen, dass diese Leistungen einfach in den pflegerischen Bereich ausgeblendet werden. Das sind zum guten Teil auch medizinische Leistungen, und dafür liegen die Zuständigkeiten nicht allein bei den Ländern.

Ich bitte Sie, darüber nachzudenken und der Hospizbewegung vielleicht doch eine halbe Stelle zu finanzieren. Alles andere hielte ich schlichtweg für beschämend. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

13.25

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei dieser Gesetzesvorlage um gesellschaftliche Bereiche, die mit großer Sensibilität, Sorgfalt und vor allem großem Einfühlungsvermögen für die Betroffenen behandelt werden müssen. Ich sage ganz klar: Wir von der Sozialdemokratie unterstützen grundsätzlich diese wichtigen und sensiblen Materien.

Vorweg sage ich auch, dass für die SozialdemokratInnen die Zustimmung zu einer Regelung selbstverständlich ist, die bundesweit einheitliche Kriterien für die Untersuchung zur Erlangung


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