Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 106

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Zahntechnikern durchgesetzt. Die Rauchfangkehrer lobbyieren ganz offensichtlich besser als beispielsweise die Bestatter; die Ernährungsberater oder auch die Mechatroniker müssen offenbar überhaupt einen Rückschritt in Bezug auf Liberalisierung hinnehmen. – Das, um nur einige Beispiele zu nennen. Das heißt: Wer besser lobbyiert, setzt sich offensichtlich durch. Und das ist etwas, was wir von der SPÖ nicht unterstützen wollen.

Unser Hauptkritikpunkt geht allerdings in eine andere Richtung, meine Damen und Herren: Die besondere Herausforderung einer weiteren Liberalisierung der Gewerbeordnung liegt vor allem darin, dass die Gewerbeordnung mit einer Reihe anderer Rechtsmaterien verknüpft ist. Besonders krass zeigt sich dieser Zusammenhang am Beispiel der Lehrlingsausbildung: Wird nämlich der Zugang zur Ausübung eines Gewerbes völlig freigegeben, dann fallen damit auch Qualifizierungsvoraussetzungen für die Ausbildung von Lehrlingen beim Unternehmer weg. Als einziges Kriterium bleibt dann praktisch die Ausbildungsprüfung, die nach dem Berufsausbildungsgesetz abgelegt werden muss; diese stellt aber derzeit einen reinen Formalakt dar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind nicht bereit – noch dazu in einer Zeit, in der die Qualität der Ausbildung der Schlüssel zum beruflichen Erfolg ist, in einer Zeit, in der eine gute Ausbildung geradezu Bedingung ist, um auf dem Arbeitsmarkt überhaupt eine Chance zu haben –, einer Maßnahme zuzustimmen, mit der die stets eingeforderte Qualität der Berufsausbildung systematisch untergraben wird! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aus genau demselben Grund sind wir auch nicht bereit, einer Maßnahme zuzustimmen, durch die es in Zukunft möglich sein wird, Lehrlinge in einem Teilgewerbe auszubilden. Wir werden nicht zustimmen, wenn Jugendliche auf Grund der katastrophalen Lage auf dem Arbeitsmarkt praktisch dazu gedrängt werden, eine Lehrausbildung zu machen, bei der sie lernen, wie man Autoradios einbaut oder Feuerlöscher prüft. Wir werden nicht zustimmen, wenn Jugendlichen damit eine Scheinausbildungsschiene eröffnet wird, die letztendlich in eine berufliche Sackgasse münden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht nicht darum, weiterhin Zugangsbeschränkungen für die Gewerbeausübung aufrechtzuerhalten, sondern es geht darum, dass Begleitmaßnahmen gesetzt werden sollen, um unerwünschte Auswirkungen von an sich sinnvollen Liberalisierungsmaßnahmen zu vermeiden. Das heißt, es geht darum, sicherzustellen, dass die Berechtigung zur Ausbildung von Lehrlingen an fachliche Anforderungen geknüpft wird, um eben zu vermeiden, dass es zu einem Absinken der Qualität der Ausbildung kommt.

Es geht also darum, nicht nur den Gewerbetreibenden und den Unternehmern, sondern auch den Jugendlichen, den Lehrlingen eine neue Chance zu bieten – indem man diesen eben garantiert, dass sie eine qualifizierte, hochwertige Ausbildung bekommen, mit der sie dann den hohen Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht werden können.

Genau das ist es, Herr Minister Bartenstein, was wir uns von einem Minister erwartet hätten, der erstmals für Wirtschaft und Arbeit zuständig ist. Ich glaube, man kann von Ihnen erwarten, dass Sie mit demselben Engagement, mit dem Sie auf der einen Seite Schritte in Richtung Liberalisierung setzen, auf der anderen Seite auch für die Chancen von Jugendlichen und Lehrlingen eintreten. – Genau diesen Anspruch haben Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, mit der vorliegenden Novelle zur Gewerbeordnung jedoch nicht erfüllt.

Das ist auch das Hauptargument, warum wir von der SPÖ dieser Novelle nicht zustimmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Da es jetzt beinahe 15 Uhr ist, unterbreche ich die Verhandlungen über die Punkte 5 bis 9 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung der Dringlichen Anfrage geschäftsordnungsgemäß um 15 Uhr stattfinden kann.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wieder aufgenommen. )


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