Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 141

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Mitarbeiter werden gegen ihren Willen in die Pension geschickt, Mediziner genötigt, gesunde Mitarbeiter krank- und pensionsreif zu schreiben, und Gewerkschafter schauen zu, ja fördern dies sogar. Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, meine Damen und Herren, bei Pensionen unter dem Slogan "Mit 50 in Frühpension – krankheitshalber, obwohl gesund" – das ist die Devise!

Personalchefs aus Wien reisen durch die Bundesländer, bis genügend "Freiwillige" für eine Frühpension gefunden werden. Ist das, so frage ich mich, die neue Unternehmensphilosophie der ÖBB, Post und Telekom, Herr Kollege Eder? Für beamtete Mitarbeiter keine Gehälter mehr zahlen zu müssen und den Staat deren Pensionen zahlen zu lassen – wir wissen, dass der Staat um 800 Millionen Schilling geschädigt wurde –, ist nicht das, was wir uns vorstellen.

Pensionierungen mit zweierlei Maß – das schürt natürlich Neid in der Bevölkerung. Viele in der Privatwirtschaft sind tatsächlich krank und können nicht in Pension gehen, werden aber trotzdem entlassen und müssen weiter arbeiten. Auf der einen Seite so und auf der anderen Seite so – das sind privilegierte Beamte.

Lieber Herr Kollege Eder! Hören Sie genau zu! (Rufe bei der SPÖ: Edler!) Ich kann aus einem Brief von einem Bahnhofsvorstand aus einem Bundesland zitieren, er schreibt: Bei den ÖBB, besonders unter Generaldirektor Dr. Draxler, ist es gängige Praxis, vorwiegend Mitarbeiter der höheren Gehaltsklasse auch gegen den erklärten Willen der Betroffenen spätestens nach Ablauf der 35-jährigen Dienstzeit in den Ruhestand zu schicken. Bei Postenauflösungen wurden "pumperlgesunde" Mitarbeiter einfach krankheitshalber unter Anrechnung miterbrachter Berufsjahre mit 50 mit vollen Bezügen in den Ruhestand geschickt. – Das ist die Praxis bei den ÖBB! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weiters, meine Damen und Herren, die Telekom: Auch dazu habe ich wieder ein Schreiben von einem Betroffenen: Mitarbeiter, deren Arbeitskraft scheinbar nicht mehr gebraucht wird, oder auch Mitarbeiter, denen – aus welchen Gründen auch immer – ein vorzeitiger Ruhestand angenehm erscheint, werden einem Arzt, organisiert von der roten Personalvertretung, zugewiesen, der darauf ein Gutachten erstellt – zu einem Privathonorar, nur nebenbei, von 3 000 S. (Abg. Edler: Jenewein!) Plötzlich sind all jene, die diese Gutachten in Händen halten, nicht mehr arbeitsfähig, sondern pensioniert. – Ich frage mich schon, meine Damen und Herren, macht ein rotes Parteibuch krank? (Heiterkeit des Abg. Dr. Khol. )

Ermöglicht hat die nun aufgetauchten Praktiken eigentlich, wenn man so will, der Verwaltungsgerichtshof. Während nämlich jeder ASVG-Versicherte ein Attest der Pensionsversicherung benötigt und sich Beamte einer Untersuchung beim Bundespensionsamt unterziehen müssen, erledigen das bei Post, Telekom und ÖBB die Betriebsärzte – bei den ÖBB war das schon immer so, nur nebenbei gesagt.

Weil wir als Gesetzgeber damals die aufgezeigten Praktiken nach der Ausgliederung von Post und Telekom offenbar befürchtet hatten, war bei einer Frühpensionierung zunächst eine Untersuchung bei der Pensionsversicherungsanstalt verpflichtend. Diese Regelung wurde, wie wir wissen, vom Verwaltungsgerichtshof 1997 leider aufgehoben und ist jetzt von uns zu reparieren.

Meine Damen und Herren! Das schreit für mich nach Konsequenzen: bei den Managern, bei den Medizinern, bei den Gewerkschaftern. Unsere Frau Vizekanzlerin hat sofort die notwendigen Schritte eingeleitet, um diesem Missbrauch Einhalt zu gebieten.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen keine Zwei-Klassen-Medizin, und wir brauchen schon gar nicht eine Zwei-Klassen-Pensionierung! Dazu steht unsere Regierung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Du müsstest ja Verständnis haben! Wie ich gehört habe, gehst du mit Jahresende! Du musst ja mit Jahresende dein Mandat hergeben! – Abg. Edler  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Bleib ruhig, Kollege Graf!)


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