Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 103

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

14.13

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von den Koalitionsparteien wird in der politischen Diskussion ein generelles Vermummungsverbot gefordert, und ein solches wird auch heute beschlossen werden.

Ich darf daher noch einmal in Erinnerung rufen, dass sich – nach langem Hin und Her – auch die Regierungsparteien zur Abhaltung eines entsprechenden Expertenhearings entschlossen haben. Dieses Hearing fand am 3. Juli 2002 statt, in dem uns aus ihrer eigenen Erfahrung heraus Experten schilderten, wie die Situation in der Praxis aussieht. Verschiedene Meinungen kamen zum Vorschein – und interessant dabei war auch, wie unterschiedlich diese Gesetzesvorlage analysiert wurde.

Die Experten Funk und Höpfel waren der Meinung, dass es jedem überlassen sein müsse, wie anonym sich jemand in der Öffentlichkeit – auch bei Demonstrationen – bewegen möchte; für jeden Menschen müsse es ein Recht auf Anonymität geben. Beide Experten standen einem generellen Vermummungsverbot skeptisch gegenüber und bezeichneten die vorgesehenen Strafandrohungen als "ein wenig kühn".

Haftandrohungen von bis zu einem Jahr heißt für Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, offensichtlich, dass alle Vermummten gewaltbereit und sogar gewalttätig seien. Das ist eine Vorverurteilung, die – das kann man auch Berichten der Exekutive klar entnehmen – weder haltbar noch begründet ist! – Eine flexible Anwendung des Vermummungsverbotes hingegen wäre vernünftig und auch für die Exekutive sinnvoll.

Rüdiger Bredthauer aus Hamburg sagte sogar, der härteste Fall, der diesbezüglich in Hamburg jemals vorgekommen sei, sei ohne Vermummung passiert. – Die Aussage Bredthauers, dass die Polizei im Einsatz ebenfalls nicht erkennbar ist, hat mich auch zum Nachdenken angeregt.

Die Ansicht unserer Fraktion ist die, dass wir jegliche Gewalt bei Demonstrationen ablehnen, jedoch einem generellen Vermummungsverbot ablehnend gegenüber stehen, weil ein solches erfahrungsgemäß fast nicht durchsetzbar ist.

Was aber will diese Regierung? (Ruf bei den Freiheitlichen: Ordnung!) – Das war ein guter Zwischenruf "Ordnung"! – ÖVP und FPÖ wollen weniger Vermummte, und zwar mit dem "Argument", dass all diese gewaltbereit seien. – Es gibt doch bitte unterschiedliche Motivationen, warum sich jemand vermummt: so beispielsweise aus Angst vor Repressalien. Ich habe erfahren, dass es schon öfters vorgekommen ist, dass jemand auf Grund der Teilnahme an einer Demonstration Probleme auf dem Arbeitsplatz bekommen hat. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Niemand, meine sehr geehrten Damen und Herren, der sich unkenntlich macht, ist von vornherein ein gefährlicher Demonstrationsteilnehmer! Das möchte ich hier schon festhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Eingriff in die Bürgerrechte ist unverhältnismäßig; ebenso manch andere Eingriffe dieser Regierung in das Privatleben von Menschen: siehe Sicherheitspolizeigesetz.

Das Verhältnis von ÖVP und FPÖ zu Grundrechten könnte man durchaus als nachlässig bezeichnen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es wird daher sehr spannend sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu beobachten, wie dieses Gesetz in der Praxis angewendet werden wird. Ob das ein "guter Tag für das österreichische Volk" wird, Herr Kollege Miedl – er ist jetzt leider nicht im Saal –, wird sich erst herausstellen.

Meine Fraktion wird dieser Gesetzesvorlage jedenfalls nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.17


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