"Perplexität in Botschaftskreisen – ,Beweis für Richtigkeit der Sanktionen‘? ,Vielsagendes Schweigen‘ der Regierungsspitzen".
Ich zitiere kurz: "Jedenfalls wäre es ,einfältig‘ zu glauben, dass sich ,ein Skandal von solchem Ausmaß‘ nicht negativ auf die Beziehungen zu den Alliierten auswirken würde, deren Armeen Österreich 1945 befreit haben und von denen zwei heute EU-Partnerländer sind, ..."
Und dann werden Fragen aufgeworfen wie zum Beispiel: "Dass die Besetzung (durch die Alliierten 1945 bis 1955) nicht ausgereicht hat, um alle Relikte einer unmenschlichen Ideologie zu beseitigen?" – Das fragen sich die Repräsentanten in den Botschafterkreisen, die von der APA zitiert werden.
Oder: "Dass die österreichische Argumentationslinie für die Erlangung des Staatsvertrages nur ein dreister Schwindel war?", fragen sich hier Personen und Diplomaten in den Botschafterkreisen.
Weiters: "Dass es 1945 als unabhängiger Staat wiedererrichtet worden ist, verdankt es dem Willen der Alliierten."
Und weiter: "Man müsse sich doch fragen, ob es dem Volksanwalt, der die Kapitulation Nazi-Deutschlands betrauere, etwa darum gehe, in Erinnerung zu rufen, dass ,der österreichische Beitrag zur eigenen Befreiung ein wohl eher bescheidener war‘." – Diesen Hinweis haben wir notwendig gehabt. – "Oder wolle er unbedingt wieder darauf aufmerksam machen, dass ,seine heute an der Regierung beteiligte Partei eine Schöpfung von ehemaligen Nationalsozialisten und von Deutschnationalen ist‘?"
Das ist ein Zitat aus der Austria Presse Agentur vom 6. Juli, in der Stimmen österreichischer Botschafter, Diplomaten vor allem der Signatarmächte zitiert werden, die den Staatsvertrag abgeschlossen haben und ganz entscheidend waren dafür, dass es heute die Demokratie, die Republik gibt. Und wir sollten eines nicht vergessen: Schon 1945 hat es die ersten demokratischen Wahlen gegeben. Man kann also nicht so tun, als hätte es nach der Tyrannei der Nazidiktatur von 1938 bis 1945 – und das wird mit dem Ausspruch Stadlers letztlich insinuiert – im Wesentlichen auch eine Tyrannei von 1945 bis 1955 in Österreich gegeben. Diese Umschreibung der Geschichte muss schärfstens verurteilt werden, und dazu ist auch der Nationalrat gefordert! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Das, was ich nicht verstehe, ist, warum es so lange gedauert hat, bis es dazu auch Meinungsäußerungen aus der Bundesregierung gegeben hat, warum es so lange gedauert hat, bis sich Bundeskanzler Wolfgang Schüssel dazu geäußert hat. Das ist mir unverständlich, denn hier geht es um diesen Grundkonsens der Zweiten Republik. Es gibt viele, auch aus der ÖVP, einer Gründerpartei der Zweiten Republik, die sich noch erinnern können, es gibt noch viele, die Verwandte oder Bekannte hatten, die in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten waren. Es gab die berühmte Lagerstraße in diesen Konzentrationslagern, wo Sozialdemokraten und Christlich-Soziale angehalten waren, Leid erdulden mussten und unterdrückt waren – sie haben sich nach 1945 geschworen, dass es nie wieder zu dieser Entwicklung kommen darf.
Daher kann es nicht so sein, dass wir diese Schwellenverschiebung einfach hinnehmen. Darum habe ich auch nicht verstanden, wieso es gestern hier im Haus diese Auseinandersetzung gegeben hat, als es darum gegangen ist, dass ein Dringlicher Antrag gestellt werden kann, der auch die Bundesregierung dazu verpflichtet, dass sie zu diesen Äußerungen Ewald Stadlers Stellung bezieht und diese klar verurteilt. Die Bundesregierung wird Handlungsbedarf bekommen, denn sie wird, wie ich hier zitiert habe, von den Botschaftern wichtiger Länder, vor allem auch aus der EU, darauf angesprochen werden. Sie werden das nicht hinnehmen, und daher wird die Bundesregierung als Organ zu handeln haben. Und dann verschanzen sich die Klubobleute Khol und Westenthaler hinter einer Geschäftsordnungsdebatte! (Abg. Ing. Westenthaler: Präsident Fischer war das!) In Wahrheit haben sie gemeint, dass diese Frage hier im Haus nicht zu diskutieren ist. Wir aber meinen, dass das natürlich hier im Haus zu diskutieren und zu verurteilen ist! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)