Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 178

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Stunde meiner Meinung nach auch ein direkter Weg zur europäischen Integration, die den Gedanken von Frieden und Demokratie auf ganz Europa ausdehnen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Grünen.)

Deshalb, meine Damen und Herren, braucht gerade dieses Europa diese neue Vision, die von den Trümmern des Zweiten Weltkrieges ihren Ausgang nimmt, damit dieses Europa mehr sein kann als nur eine Wirtschaftsunion und damit tatsächlich eine neue Vision von Frieden und Freiheit entsteht.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend sagen: Bekennen wir uns gemeinsam zu diesen historischen Wahrheiten! Versuchen wir nicht, die Geschichte parteipolitisch zu vereinnahmen! Wer bei der Aufarbeitung und Bewältigung unserer Geschichte glaubt, ein Monopol auf die politische Moral zu haben, schadet dem demokratischen Grundkonsens auf eine ganz unverantwortliche Weise. Nehmen wir deshalb diese Debatte zum Anlass, uns erneut und für alle Zukunft zu diesem demokratischen Grundkonsens zu bekennen! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

18.52

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich heute Nachmittag erfahren habe, dass es uns nach etlichen Widerständen, massiven Widerständen, aber letztlich doch im Konsens möglich ist, die Causa Stadler zu diskutieren, war ich erfreut, froh darüber, dass es möglich ist, hier in diesem Haus diese Causa zu diskutieren. Als Präsident Fischer damals in der Präsidiale verkündet hat, dass er unseren Dringlichen Antrag nicht zulässt und das mit dem Schaden begründet hat, den er von diesem Parlament abwenden will, habe ich mir gedacht: Das ist nicht sehr mutig von Präsident Fischer. – Inzwischen habe ich eine Ahnung davon, was er damit gemeint hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich der letzte Redner zu diesem Punkt bin, kann ich Ihnen nur sagen: Es ist ein deprimierendes Bild, das dieses Haus angesichts dieser Debatte abgibt. Ich hätte mir gedacht, dieses Parlament nützt die Chance, sich einhellig, über alle Parteigrenzen hinweg von untragbaren Äußerungen zu distanzieren. – Aber das ist leider nicht geschehen!

Dem Herrn Bundeskanzler ist es gelungen, mit seiner Rede das Auditorium und das Parlament 15 Minuten lang im Bann zu halten, mit der Beschwörung eines Nachkriegskonsenses, indem er sich auf 1945 bezogen hat. (Abg. Mag. Mühlbachler: Eine gute Rede!) Ich hätte mir gedacht, dem Herrn Bundeskanzler gelingt es, von dieser Zeit damals zur heutigen Zeit und zu dem, worüber wir eigentlich diskutieren wollen, über die gemeinsame Verurteilung von unfassbaren Äußerungen, eine Brücke zu bauen, die einen antifaschistischen Konsens bildet. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Stattdessen, Herr Bundeskanzler – und das war die wirklich große Enttäuschung –, haben Sie Brücken gebaut zu Herrn Stadler, und Sie haben die Brücken abgebrochen zu Parteien in diesem Parlament, die nicht Regierungsparteien sind. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Und das ist eine Chance, die Sie versäumt haben, das ist ein Fehler, den Sie wahrscheinlich nie wieder wiederholen können. Ich hoffe es, Herr Bundeskanzler!

Als in der Bundesrepublik Deutschland – es ist zirka 20 Jahre her – der damalige Bundestagspräsident Philipp Jenninger, soweit ich mich erinnere, eine sehr bemühte, aber im Bild äußerst verunglückte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus versucht hat – die Auseinandersetzung war verunglückt –, musste er zurücktreten. Und es war für alle Parteien in der Bundesrepublik Deutschland – mit unterschiedlichen Akzenten – klar: Jenninger muss zurücktreten! Der Fehler des Herrn Jenninger war, ein falsches Bild zu wählen, ein verunglücktes Bild in einer äußerst schwierigen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, wo man angesichts


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite