Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 64

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass die Präsidialkonferenz einvernehmlich folgende Redeordnung in Aussicht genommen hat: Antragsteller: 20 Minuten, danach eine Stellungnahme des zuständigen Regierungsmitgliedes: 20 Minuten, je eine Wortmeldung pro Fraktion im Ausmaß von höchstens 10 Minuten, daran anschließend drei Regierungsmitglieder zu je 10 Minuten und sodann die Wortmeldungen der Fraktion, wobei die restliche Redezeit jeder Fraktion das gesetzliche Limit von insgesamt 25 Minuten nicht überschreiten darf.

Wir gehen unmittelbar in die Debatte ein.

Ich erteile als Erstem dem Antragsteller, Herrn Abgeordnetem Dr. Gusenbauer, das Wort. – Bitte.

14.09

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit geraumer Zeit beschäftigt sich Österreich mit der Frage des Ankaufs von Abfangjägern oder neuen Kampfflugzeugen, und darüber wurde in breitem Ausmaß in der österreichischen Öffentlichkeit eine Diskussion geführt.

Es hat dazu ein unabhängiges Volksbegehren gegeben (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP), das vom Innenminister in diesem Sommer gerade in der Hauptreisezeit zur Unterschriftsleistung aufgelegt wurde, weil er erwartet hat, dass es deshalb weniger Unterschriften geben werde. (Abg. Ing. Westenthaler: Waren Sie unterschreiben, Herr Kollege?) Es haben sich aber über 600 000 Österreicherinnen und Österreicher nicht davon abbringen lassen, dieses Volksbegehren gegen den Ankauf von Kampfflugzeugen zu unterschreiben, und das ist ein ganz, ganz deutliches Zeichen, meine sehr verehrten Damen und Herren, das wir ernst nehmen sollten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher ist es notwendig, dass wir uns heute mit dem Inhalt dieses Volksbegehrens beschäftigen, kann es doch nicht so sein, dass die Bundesregierung Verhandlungen über den Kaufabschluss führt – und der österreichische Nationalrat sich mit diesem Volksbegehren erst zu einem Zeitpunkt auseinander setzt, zu dem die Regierung bereits alle Entscheidungen getroffen hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Kollege Gusenbauer, haben Sie unterschrieben in Korsika? Außenstelle Korsika?) Das würde doch heißen, dass dieses direkt-demokratische Mittel, das von über 600 000 Österreicherinnen und Österreichern wahrgenommen wurde, nicht ernst genommen wird. Und genau das wollen wir nicht, meine Damen und Herren, daher diskutieren wir heute! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wieso sind so viele Menschen gegen den Ankauf dieser Kampfflugzeuge? – Die große Mehrheit der Bevölkerung ist deswegen dagegen, weil die Argumentation für den Ankauf dieser Kampfflugzeuge völlig widersprüchlich und völlig aus dem Zusammenhang gerissen ist.

Herr Bundeskanzler, ich erinnere Sie daran, dass Sie vor nicht allzu langer Zeit gesagt haben, die österreichische Neutralität wäre in etwa so etwas wie die Lipizzaner und die Mozartkugeln, also Teil der österreichischen Folklore. Weiters erinnere ich daran, dass Ihr Verteidigungsminister gesagt hat, die österreichische Neutralität sei ohnehin bereits obsolet. – Und dann wollen Sie von den Regierungsparteien den ÖsterreicherInnen erklären, dass Sie diese Flugzeuge zum Schutz dieser Neutralität, die Sie schon längst entsorgen wollen, ankaufen wollen?

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, das glaubt Ihnen niemand! Wenn Sie nicht zur Neutralität stehen, werden Sie auch nicht ernst genommen in Bezug auf den Schutz dieser Neutralität! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weiters, meine sehr verehrten Damen und Herren: Welche Kampfflugzeuge sollen denn gekauft werden? – Ganz moderne Kampfflugzeuge sollen gekauft werden, die so "modern" sind, dass sie noch bei keiner Armee im regulären Einsatz sind, das heißt, dass erst Prototypen davon existieren. (Abg. Jung: Hat Ihnen das Ihr Spin-doctor erzählt?) Auch die Präsentation dieser Prototypen musste im August, also erst vor kurzem, wegen so genannter Kinderkrankheiten wieder verschoben werden. Das heißt, mit dem Geld der österreichischen Steuerzahler sollen Kampfflugzeuge angeschafft werden, für die Österreich den Testboden für die Kinderkrankhei


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