Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 41

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Jetzt hat der Wähler das Wort. Die ÖVP trifft dazu keine vorzeitigen Festlegungen. Die ÖVP legt sich auf keine Koalitionsoption fest. Ich halte aber auch fest: Die politische Wende ist keine Koalitionsform, aber sie ist ein politisches Projekt, denn der Begriff "politische Wende" steht für einen schlanken Staat (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen), steht für mehr privat, für weniger Schulden, für Bürokratieabbau, für gerechte Sozialleistungen, für ein saniertes Budget – kurzum für die Zukunftsfähigkeit Österreichs, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Diese politische Wende wird auch nach der nächsten Nationalratswahl die Österreichische Volkspartei führend repräsentieren. (Beifall bei der ÖVP.)

11.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

11.34

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Kukacka hat in seiner Rede gemeint, die Opposition biete sich dem Fernsehzuschauer als ein elendes Bild von Phrasendreschern an. – Herr Kollege Kukacka! Das ist nicht meine Sorge. Meine Sorge ist, dass wir durch die gesamte Debatte, die heute geführt wurde – leider nicht erst seit der Debatte heute, sondern schon seit den letzten zwei bis drei Jahren –, ein Bild des Parlamentarismus bieten, wie ich ihn mir nie gewünscht und nie vorgestellt habe.

Parlamentarismus heißt für mich auch und in erster Linie ein lebendiger Austausch von Argumenten und nicht, Personen mit untergriffigen Unterstellungen niederzumachen. Das aber habe ich heute in der Debatte und in den letzten zwei bis drei Jahren des Öfteren erlebt. Man kann Personen wegen ihrer persönlichen oder politischen Ansichten kritisieren (Abg. Jung: Was hat der Pilz gestern getan?), das ist auch manchmal notwendig, aber das Untergriffige, das in der Debatte heute wieder herausgekommen ist, das ist nicht unsere Sache und sollte nicht die Sache des Parlamentarismus insgesamt sein. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Er kritisiert den abwesenden Pilz! Das ist nicht fair!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich mir diese Debatte vergegenwärtige, dann muss ich sagen, ich habe Angst davor, dass wir bei einer Fortsetzung von Schwarz-Blau, aber auch schon vorher, im Wahlkampf, genau dieses Bild präsentieren: dass Schlagworte gegenübergestellt werden, dass reduziert wird auf Personen, auf deren verletzliche Eigenschaften, auf deren Verletzbarkeiten, und dass die Sache, der Austausch von Argumenten, auch das Darstellen von Interessen, auf der Strecke bleibt. (Zwischenruf des Abg. Jung. )

Das ist das, was Sie, meine Damen und Herren, als Regierungsparteien neu und auf besonders ungute Art und Weise in die politische Debatte, auch hier im Parlament, eingeführt haben. Das wünsche ich mir nicht, und das haben die Menschen in diesem Land auch nicht verdient. Diese wollen von uns hören, worin die Unterschiede zwischen den Parteien liegen, wie die Positionen der Parteien sind (Abg. Jung: Dann halten Sie sich an Ihre Vorschläge!), aber sie wollen nicht wissen, ob der Herr Gusenbauer ein Kryptokommunist ist, wie das immer wieder behauptet wird. Sie wollen nicht wissen, Herr Dr. Khol – weil das gerade an die Adresse Ihrer Fraktion geht –, wer wo was wie gemacht hat.

Ich kann Sie nur daran erinnern, Herr Dr. Khol, dass es Ihre Fraktion war – das war für mich ein Lehrstück –, die in der Auseinandersetzung um eine Demonstration im April dieses Jahres nicht davor zurückgeschreckt ist, gemeinsam mit der FPÖ, mit persönlichen Diffamierungen, mit der Unterstellung, dass mit meiner Person ein Gewalttäter hier im Parlament sitzt, zu arbeiten. (Abg. Mag. Kukacka: Nein! Ein Sympathisant, kein Gewalttäter!) Das war die ÖVP, und das war eine neue Qualität, für mich zumindest, die ich bei ÖVP-Abgeordneten wahrgenommen habe. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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