Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 1. Sitzung / Seite 60

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Weil es heute hier schon um Schulterschlüsse und um das gemeinsame Auftreten gegangen ist, möchte ich dazu anmerken: Wenn Schulterschluss, wenn gemeinsames Auftreten, dann aber auch vorher gemeinsames Sprechen und gemeinsames Handeln, um gemeinsam auf einen Nenner zu kommen, den wir als Österreicher dann auch gemeinsam vertreten können! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

15.06


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der 13. Dezember in Kopenhagen war tatsächlich ein guter Tag für Europa. Der Beitritt von zehn Staaten, das damit verbundene Abschließen eines riesigen Frie­densprojektes, die endgültige Überwindung der Spaltung Europas und das tatsächliche En­de des Kalten Krieges sind Dinge, die die Grünen immer begrüßt haben und für die sie auch im­mer offensiv eingetreten sind.

Wir haben es auch immer deutlich und massiv abgelehnt, dass man im Rahmen dieses großen Frie­densprojektes bilaterale Probleme im Rahmen von Veto-Strategien zu lösen versucht. Einer­seits haben wir das für unangemessen gehalten, weil dadurch das große Projekt gefährdet oder aufgeschoben werden könnte, und andererseits war es unserer Meinung nach auch in­haltlich keine gute Strategie. In Kopenhagen hat sich letztendlich auch erwiesen, dass mit Veto-Strategien die Probleme Temelín und Transit nicht zu lösen waren. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben immer andere Vorschläge gemacht, und wir waren auch immer sehr konstruktiv in die­sem Bereich. Manchmal fühlt man sich als Sachpolitikerin wie die Seherin Kassandra aus dem alten Griechenland, die ja einen doppelten Fluch hatte: Einerseits sieht sie die Zukunft vor­her, andererseits glauben ihr die Betroffenen nicht. Wir haben bereits im Dezember 2001, also letztes Jahr, als die großartige Erklärung im Zusammenhang mit dem Brüsseler Übereinkom­men in ganzseitigen Inseraten in Tageszeitungen erschienen ist, das angezweifelt und auch darauf hingewiesen, dass das nicht stimmt. In diesen Inseraten ist damals angekündigt worden: Das Melker Abkommen ist rechtsverbindlich und wird vor dem EuGH einklagbar sein. – Damals wurde behauptet, es wird vor dem EuGH einklagbar sein!

Ein Jahr lang hat die Bundesregierung, allen voran Bundeskanzler Schüssel, die österreichi­sche Bevölkerung an der Nase herumgeführt (Abg. Großruck: Deshalb haben sie ihn gewählt!), denn damals war allen Beteiligten schon bewusst: Es gibt Widerstand von den EU-14, es gibt massiven Widerstand, und von Seiten der Tschechischen Republik gibt es kein gro­ßes Interesse, diese Sicherheitsauflagen zu erfüllen. – Wir wissen das, und es gibt auch Zah­len, die das belegen. Die Schätzungen der österreichischen Expertinnen und Experten belaufen sich auf 4 Milliarden Schilling oder 290 Millionen € für die relevanten Sicherheitsnachrüstungen; die tschechischen Schätzungen belaufen sich auf 40 Millionen Schilling oder 2,9 Millionen €.

Das sagt sehr viel aus. Und was bleibt uns jetzt noch, nachdem all die Versprechungen, all die Ankündigungen wie eine Seifenblase zerplatzt sind?

Wir Grünen haben immer schon gesagt, dass es besser gewesen wäre, eine offensive Ange­bots­strategie zu fahren, dass es Sinn macht, Kooperationen einzugehen, Energiepartnerschaf­ten mit der Tschechischen Republik massiv auszuweiten – im Moment sind das lächerliche Be­träge –, und dass der Ausstieg nur dann gelingen wird, wenn vor allem auf der tschechischen Seite der Widerstand in der Bevölkerung stark genug ist, wenn auch die Industrie, vor allem eine alternative Energiewirtschaft, so stark ist, dass sie diesen Ausstieg auch erzwingt. Und letzt­endlich ist auch die wirtschaftliche Unsinnigkeit dieses Kraftwerkes etwas, das man besonders herausstellen muss.

Ein Jahr lang ist es eigentlich versäumt worden, bilateral auf eine Lösung hinzuarbeiten. Ich ha­be sie noch im Ohr, die großen Versprechungen der Vizekanzlerin: Ich persönlich werde nach den tschechischen Wahlen dorthin reisen und bilateral verhandeln! – Und ich habe sie nicht nur


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