10.32
Abgeordnete
Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren und, ganz
besonders, meine neuen Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen gar nicht, dass es
wesentlich ist, über zwei Punkte hier noch eine Klarstellung vorzunehmen:
Erstens: Herr Minister Böhmdorfer, beim
Jugendgerichtshof geht es nicht um die Frage der Überbelegung, sondern es geht
um den Fortbestand
einer bewährten Institution
in der Strafvollziehung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wenn es um die Überbelegung ginge, dann müssten Sie
ohnedies neuen Raum schaffen. Ihre Gefangenentransfers führen ja wieder dazu,
dass Gefangene von der Josefstadt zurück in die Rüdengasse kommen. Das ist
sozusagen ein Austausch der Überbelegung. Insofern stimmt Ihre Argumentation
hinten und vorne nicht.
Ich weiß auch nicht, inwieweit es stimmt, dass an dem
Gebäudekomplex in der Rüdengasse ein gewisser Herr Dritter
Nationalratspräsident Prinzhorn Interesse hat. Das ist in den Medien nachzulesen
und sollte einmal klargestellt werden.
Die zweite Klarstellung betrifft Artikel 5 des
heute zur Abstimmung vorliegenden Kompendiums. Dieser Artikel 5 ist mehr
oder weniger die Legitimierung und die Legalisierung einer vor allem von Seiten
der Freiheitlichen vorgenommenen Personalrochade zu ihren Gunsten. Es wurde in
den Sektionen blau eingefärbt. – Zwei Beispiele – ich entnehme sie
aus meinem eigenen Arbeitsbereich –:
Herr Bundesminister Böhmdorfer, Sie haben einen
bewährten Sektionschef, der sich in KonsumentInnenfragen ausgezeichnet
auskennt (Abg. Mag. Mainoni: Fixieren
Sie nicht uns! – Abg. Scheibner: Mich dürfen Sie da
nicht ...!), mit der „Aktion 55“ in die Wüste geschickt.
Jetzt müssen Sie hier per Artikel 5, betreffend Änderung des
Beamten-Dienstrechtsgesetzes, die Agenden dieser Sektion III neu
formulieren, und Sie haben jetzt als für Konsumentenschutzangelegenheiten
zuständigen Sektionschef einen Herrn, der sich vielleicht bei Budgetfragen und
im Bereich Bauten auskennt, aber nicht im Konsumentenbereich.
Das zweite Beispiel: Herr Minister Haupt! Sie haben
die Sektion IX einfach aufgelöst, um für einen ehemaligen freiheitlichen
Gemeinderat eine Sektionschef-Stelle zu erhalten, und haben damit das
Aufgabengebiet „Lebensmittelsicherheit“ in die Agenden der Sektion VII, in
den Gesundheitsökonomiebereich geschoben. Das passt inhaltlich hinten und
vorne nicht zusammen, und wir haben vor allem angesichts des Problemkreises,
der im Hinblick auf die Europäische Union existiert, in unserem Ministerium
keine Ansprechpartner mehr. (Beifall bei den Grünen.)
Meine Kolleginnen und Kollegen vor allem vom
Bauernbund, die Sie sehr zahlreich heute als neue Abgeordnete hier an einer
entscheidenden Sitzung teilnehmen, bitte halten Sie sich vor Augen, wofür Sie
heute stimmen: für etwas, was die alte Regierung, Schwarz-Blau, personalpolitisch
völlig verfahren hat! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)
10.35
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort hat sich nunmehr Herr
Bundesminister Dr. Böhmdorfer gemeldet. Ich erteile es ihm.
10.35
Bundesminister für
Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin!
Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Angesichts dieser beharrlichen
Realitätsverweigerung, Frau Abgeordnete (Zwischenruf
der Abg. Dr. Moser, die auf eine von ihr in die Höhe
gehaltene schriftliche Unterlage verweist), muss ich mich noch
einmal – ganz kurz, ich verspreche es – zu Wort melden.
Jedem Landesgericht ist zwingend eine Justizanstalt
angeschlossen. Das gilt auch für den Jugendgerichtshof. Die Zellen des
Jugendgerichtshofes haben nur acht Quadratmeter Größe. Nach der
Anti-Folter-Konvention dürfen darin nicht zwei Gefangene untergebracht werden.