Ich bin der
Meinung, man muss in der Weltpolitik gleiche Maßstäbe anlegen, wenn die Weltpolitik
glaubwürdig sein soll, und Österreich kann in der Tat dazu auch als kleines
Land einen Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der
Grünen.)
9.31
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Bundesminister Scheibner. Redezeit: 5 Minuten, wie alle.
9.32
Abgeordneter
Herbert Scheibner
(Freiheitliche): Herr
Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete
Gusenbauer hat gesagt: Wir wollen keinen Krieg! – Selbstverständlich, ich
glaube, darin sind wir uns einig! Wir müssen alle, es muss die gesamte demokratische
Staatengemeinschaft das ihr Mögliche tun, um Kriege zu verhindern, wo immer sie
auszubrechen drohen – auch im Irak. Wir müssen aber mit derselben
Vehemenz – diese Gewichtung geht mir manchmal in der Debatte
ab –, wie wir sagen, dass wir keinen Krieg wollen, auch klar sagen, dass
wir keine Regime wollen, die Menschenrechte verletzen (Beifall bei den Freiheitlichen), dass wir keine Regime wollen, die
Massenvernichtungswaffen illegal produzieren und möglicherweise anwenden,
auch gegen die eigene Bevölkerung, und dass wir auch keine Regime wollen, die
den internationalen Terrorismus unterstützen.
Wir müssen alles
dafür tun, dass derartige Regime in die Schranken gewiesen werden. Da kann man
militärische Mittel nicht von vornherein ausschließen, aber sie dürfen nur das
letzte Mittel gegen derartige Unrechtsregime sein, wenn alle anderen
politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten ausgeschöpft
sind.
Es ist auch klar,
dass nicht ein Staat oder zwei Staaten alleine darüber entscheiden können, ob,
wann, wo und wie militärische Maßnahmen zur Durchsetzung dieser positiven Ziele
angewendet werden können, sondern dass es da eine Legitimierung der
Vertretung der Staatengemeinschaft, vor allem der Vereinten Nationen, geben
muss.
Es ist auch klar,
dass man eindeutige Beweise haben muss für die Vorwürfe, die man gegenüber einem
Regime, gegenüber einem Land, jetzt konkret gegenüber dem Irak, vorbringt. Die
alleinige Behauptung, dass es eine Bedrohung gibt, dass es
Massenvernichtungswaffen gibt, reicht nicht aus! Aber auf der anderen Seite
reicht auch die alleinige Behauptung des Regimes, dass es keine
Massenvernichtungswaffen hat, ebenso nicht aus, um da Maßnahmen zu verhindern.
Eines muss uns klar sein: Es wäre wohl verfehlt und gefährlich, auch für den
Weltfrieden und auch für unsere Sicherheit, wenn den einzigen Beweis, der für
die Legitimierung von Maßnahmen gegen ein derartiges Regime zulässig ist, der
Bestätigung eines Verdachts, der Vollzug eines Terroraktes, der konkrete
Vollzug einer Bedrohung, etwa durch Massenvernichtungswaffen, darstellen
würden.
Ich frage immer –
und das sollte ein bisschen zum Nachdenken anregen, wenn man jetzt kategorisch
meint, man wisse, was richtig ist und was notwendig ist –: Wie wäre die
Diskussion in der Öffentlichkeit, in der Weltöffentlichkeit gewesen, wenn die
Staatengemeinschaft im Jahre 2001 nicht erst im Oktober eine militärische
Maßnahme gegen das Regime der Taliban in Afghanistan gestartet hätte, sondern
schon im April oder Mai, weil man gesagt hat, man habe Beweise, man habe
Hinweise, dass ein Terrorakt geplant ist?
Ich glaube, dass
man da nicht mit absoluter Gewissheit die reine Lehre vertreten kann, aber es
muss da einen Gleichklang der Staatengemeinschaft geben. Man muss auch –
da gebe ich Ihnen schon Recht – gleiche Maßstäbe anlegen, wenn es darum
geht, UNO-Beschlüsse und Grundsätze der demokratischen Staatengemeinschaft
auch durchzusetzen. Es gibt ein schlechtes Bild, und es ist auch eine Frage
der Glaubwürdigkeit, wenn man im Falle Irak Soldaten schickt und im Falle
Nordkorea Lebensmittel und Infrastrukturgüter, um das Regime zum Einlenken zu
bewegen, wenn man auf der einen Seite auf die Einhaltung von UNO-Resolutionen
drängt, in der anderen Richtung aber, etwa auch bei anderen Staaten im Nahen
Osten, geflissentlich darauf vergisst, mit Nachdruck auf deren Einhaltung zu
bestehen.