Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 29

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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.

9.55


Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundes­mi­nis­terin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, Kollegem Do­nabauer zu sagen: Herr Rumsfeld ist nicht der amerikanische Außenminister, sondern der amerikanische Verteidigungsminister, der hat das Problem gehabt – macht aber nichts. – Las­sen Sie mich im Wesentlichen auf die europäische Dimension der Frage, über die wir heute disku­tieren, zu sprechen kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe volles Verständnis für die besondere Situa­tion der USA, die erstmals im September 2001 nach ihrer Wahrnehmung von außen angegriffen worden sind. Das ist dieser Nation, noch dazu der mächtigsten dieser Welt, noch nie passiert. Da­her reagiert diese Nation auch anders darauf. Das ist insoweit verständlich, aber das ist noch kein Grund, dass wir Europäer, die wir andere Erfahrungen gemacht haben, uns unbedingt gleich auf ihre Seite stellen.

Ich habe daher kein Verständnis für die umstandslose Unterstützung der USA in der Kriegs­orientie­rung der gegenwärtigen US-Administration. Wir sind Österreicher, wir sind Europäer, und wir müssen daher eine österreichische und eine europäische Politik betreiben. Das ist aber eine andere, zumindest eine in bestimmten Aspekten andere Politik als die der USA.

Was wir daher kritisieren, um es deutlich zu sagen, das ist der Umstand, dass Österreich, dass die Frau Außenministerin im Besonderen eben keine Position in dieser Frage hat und zuletzt ver­sucht hat, soweit öffentliche Aussagen dazu für sich sprechen, sich rasch noch auf die Seite der USA zu stellen. Das kritisieren wir!

Frau Bundesministerin! Was wir brauchen, das ist eine engagierte europäische Politik, und da sind wir der Auffassung, dass in diesem Zusammenhang vor allem die kleinen und mittleren Staaten eine ganz besondere Rolle haben können. Es ist für die kleinen und mittleren Staaten we­sentlich einfacher, auf den Anspruch zu verzichten, als Einzelstaat Weltpolitik zu machen. Es ist für Länder wie das Vereinigte Königreich, Frankreich oder auch Deutschland wesentlich schwie­riger, auf solch eine Position der Vergemeinschaftung europäischer Außen- und Sicher­heits­­politik einzusteigen und sich individueller nationalstaatlicher Politik zu enthalten. Was es braucht, das ist das Engagement der kleinen und mittleren Staaten in Europa, die dazu beitra­gen können, dass es eine europäische Position gibt, die dem Zweck dient, eine gemeinsame euro­päische und nicht primär transatlantische Außen- und Sicherheitspolitik zu betreiben.

Hohes Haus! Wir stimmen durchaus mit dem Abgeordneten Spindelegger darin überein, dass wir aktiv für eine gemeinsame, ja mehr noch, für eine vergemeinschaftete Außen- und Sicher­heits­politik, letztendlich bis hin zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigung, eintreten sollen, und auch dafür braucht es das Engagement der kleinen und mittleren Staaten in Europa, weil es für die großen schwer ist, diesen Weg zu gehen. Dort braucht es unser Engagement. Das ist gut, das ist wichtig, das ist aber nicht genug.

Wir anerkennen – das sage ich auch – durchaus nicht nur die Bemühungen der griechischen Prä­sidentschaft der EU, zu einer gemeinsamen europäischen Position zu gelangen, sondern auch die Bemühungen der griechischen Präsidentschaft, alles irgend Mögliche zu tun, um zu erreichen, dass eine militärische Auseinandersetzung im Nahen Osten vermieden wird. Wir an­er­­kennen in diesem Zusammenhang auch, Frau Bundesministerin – auch das ist anzuer­ken­nen –, dass Sie sich zur Verfügung gestellt haben, in dieser Frage die griechische Präsident­schaft zu unterstützen und die entsprechenden Gespräche mit den Maghreb-Staaten zu führen.

Aber wobei wir bleiben, das ist, dass wir einen klaren europäischen Standpunkt vermissen, und zwar auch bei Ihnen, einen Standpunkt, der derzeit primär von Deutschland und Frankreich ver­treten wird – so Leid es uns tut oder Ihnen vielleicht, weil das große Staaten sind, aber das sind diejenigen, die versuchen, einen europäischen Kern zu bilden. Ich appelliere insofern an


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