Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächster
Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.
9.55
Abgeordneter Dr. Caspar Einem
(SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, Kollegem Donabauer zu
sagen: Herr Rumsfeld ist nicht der amerikanische Außenminister, sondern der
amerikanische Verteidigungsminister, der hat das Problem
gehabt – macht aber nichts. – Lassen Sie mich im Wesentlichen auf
die europäische Dimension der Frage, über die wir heute diskutieren, zu
sprechen kommen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich habe volles Verständnis für die besondere Situation
der USA, die erstmals im September 2001 nach ihrer Wahrnehmung von außen
angegriffen worden sind. Das ist dieser Nation, noch dazu der mächtigsten
dieser Welt, noch nie passiert. Daher reagiert diese Nation auch anders
darauf. Das ist insoweit verständlich, aber das ist noch kein Grund, dass wir
Europäer, die wir andere Erfahrungen gemacht haben, uns unbedingt gleich auf
ihre Seite stellen.
Ich habe daher
kein Verständnis für die umstandslose Unterstützung der USA in der Kriegsorientierung
der gegenwärtigen US-Administration. Wir sind Österreicher, wir sind Europäer,
und wir müssen daher eine österreichische und eine europäische Politik
betreiben. Das ist aber eine andere, zumindest eine in bestimmten Aspekten
andere Politik als die der USA.
Was wir daher
kritisieren, um es deutlich zu sagen, das ist der Umstand, dass Österreich,
dass die Frau Außenministerin im Besonderen eben keine Position in dieser Frage
hat und zuletzt versucht hat, soweit öffentliche Aussagen dazu für sich
sprechen, sich rasch noch auf die Seite der USA zu stellen. Das
kritisieren wir!
Frau
Bundesministerin! Was wir brauchen, das ist eine engagierte europäische
Politik, und da sind wir der Auffassung, dass in diesem Zusammenhang vor allem
die kleinen und mittleren Staaten eine ganz besondere Rolle haben können. Es
ist für die kleinen und mittleren Staaten wesentlich einfacher, auf den
Anspruch zu verzichten, als Einzelstaat Weltpolitik zu machen. Es ist für
Länder wie das Vereinigte Königreich, Frankreich oder auch Deutschland
wesentlich schwieriger, auf solch eine Position der Vergemeinschaftung
europäischer Außen- und Sicherheitspolitik einzusteigen und sich
individueller nationalstaatlicher Politik zu enthalten. Was es braucht, das ist
das Engagement der kleinen und mittleren Staaten in Europa, die dazu beitragen
können, dass es eine europäische Position gibt, die dem Zweck dient, eine
gemeinsame europäische und nicht primär transatlantische Außen- und
Sicherheitspolitik zu betreiben.
Hohes Haus! Wir
stimmen durchaus mit dem Abgeordneten Spindelegger darin überein, dass wir
aktiv für eine gemeinsame, ja mehr noch, für eine vergemeinschaftete Außen- und
Sicherheitspolitik, letztendlich bis hin zu einer gemeinsamen europäischen
Verteidigung, eintreten sollen, und auch dafür braucht es das Engagement der
kleinen und mittleren Staaten in Europa, weil es für die großen schwer ist,
diesen Weg zu gehen. Dort braucht es unser Engagement. Das ist gut, das ist
wichtig, das ist aber nicht genug.
Wir
anerkennen – das sage ich auch – durchaus nicht nur die Bemühungen
der griechischen Präsidentschaft der EU, zu einer gemeinsamen europäischen
Position zu gelangen, sondern auch die Bemühungen der griechischen
Präsidentschaft, alles irgend Mögliche zu tun, um zu erreichen, dass eine
militärische Auseinandersetzung im Nahen Osten vermieden wird. Wir anerkennen
in diesem Zusammenhang auch, Frau Bundesministerin – auch das ist anzuerkennen –,
dass Sie sich zur Verfügung gestellt haben, in dieser Frage die griechische
Präsidentschaft zu unterstützen und die entsprechenden Gespräche mit den
Maghreb-Staaten zu führen.
Aber wobei wir bleiben, das ist, dass wir einen klaren europäischen Standpunkt vermissen, und zwar auch bei Ihnen, einen Standpunkt, der derzeit primär von Deutschland und Frankreich vertreten wird – so Leid es uns tut oder Ihnen vielleicht, weil das große Staaten sind, aber das sind diejenigen, die versuchen, einen europäischen Kern zu bilden. Ich appelliere insofern an