Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner
zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.
13.29
Abgeordneter
Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Staatssekretär Waneck hat sich zu Wort gemeldet und
gemeint, es sei hier mit falschen Zahlen operiert worden, die er berichtigen
wolle. Ich stelle einmal fest: Niemand hat gesagt, dass Selbstbehalte die
Größenordnung von 30 Prozent erreicht haben. Gesagt wurde vielmehr, dass
Österreich an dritter Stelle der Welt liegt, was private
Zuzahlungen oder überhaupt Zahlungen in das Gesundheitssystem betrifft. Der
öffentliche Anteil an den Gesundheitskosten ist damit von ursprünglich
80 Prozent auf 70 Prozent zurückgegangen. Das zur Wahrheit.
Interessant ist auch, dass Staatssekretär Waneck gemeint hat, bei den Medikamentenkosten seien die Einsparungspotenziale eher schon ausgelotet und ausgereizt, alles andere wären Märchen.
Ich hatte nicht
den Eindruck, dass in den Gesprächen mit der ÖVP Märchen erzählt wurden. Aber
ich habe auch keine Angst vor Märchen, die teilweise auch etwas Grausames in
sich haben, aber sie lassen einen doch noch ruhig schlafen. Angst habe ich
vielmehr gehabt – und das wiederhole ich nochmals – vor
Privatoffenbarungen einzelner maßgeblicher Personen innerhalb der ÖVP, die
gemeint hätten, Selbstbehalte in der Größenordnung von 250 Millionen €
wären ein taugliches Mittel für eine Sanierung des Gesundheitssystems. (Abg. Silhavy: Wie viel?)
250 Millionen €! (Abg. Silhavy:
Das ist ein Skandal!)
Die Forderung
lautete, 1 Milliarde sei einzusparen – das stand in der Zeitung, ich
verrate keine Geheimnisse aus den Koalitionsgesprächen –, und man müsste
diese apokalyptische Summe ganz einfach nur durch vier dividieren, und dann
käme heraus, was in den unterschiedlichen vier Bereichen einzusparen wäre.
Ich habe gemeint,
dass es nicht besonders intelligent sei, wenn man predigt, das österreichische
Volk sollte von Steuern entlastet werden, und sich dann zurücklehnt und sagt:
Liebe Freunde, ich habe euch Steuern nachgelassen, aber dafür zahlt ihr das
selber und jenes selber, und da kommt noch etwas dazu! Ich sage: Dem
Steuerzahler und der Steuerzahlerin ist es ziemlich „Powidl“, wohin 100 €
fließen, ob sie zum Staat als Steuern gehen und man das dann zurückbekommt
oder ob man das selber an den Arzt bezahlt, etwa an die Physiotherapeuten, an
die Logopädin, oder an die Universität in Form von Studiengebühren, was auch
immer. Das hat schon ein bisschen etwas – ich spreche für den ländlichen
Raum – mit Rosstäuscherei zu tun.
Die Hälfte dieses
Einsparungspotentials wäre einnahmenseitig. Es war für Sie immer wieder tabu,
einnahmenseitige Maßnahmen zu beschließen. Da möchte ich gern den Widerspruch
hören, den Sie ausloten. Steuern sind immer noch gerechter, weil sie
einkommensabhängig alle betreffen. Selbstbehalte treffen diejenigen, die
ohnehin schon durch Krankheit geschädigt sind. Das ist ein Riesenunterschied!
Ich habe Ihnen schon mehrfach erklären müssen, dass ärmere und bildungsfernere
Bevölkerungsschichten häufiger krank sind und früher sterben. Es trifft daher
eben jene, die durch das Leben „lackiert“ und geschlagen sind, und daher finde
ich das nicht sehr gerecht.
In Ihrem Bereich,
zu dem Sie gemeint haben, man könnte bei den Ländern durch überregionale Planung –
Leistungsangebotsplanung, Vereinheitlichung von Systemen –
Strukturmaßnahmen setzen, haben Sie sich zurückgelehnt und gesagt: Das wird vor
2005 und 2006 nicht gehen, denn da
gibt es den Finanzausgleich, den Föderalismus, die schwarzen Landeshäuptlinge
und -innen. Das war eine ziemlich einseitige Debatte, muss ich sagen.
Nun zum Schluss:
Was nie debattiert wurde, ist der Umstand, dass auch im Gesundheitssystem Anschubfinanzierungen
eine Rendite bringen können. 20 Prozent der Invaliditätspensionen gibt es
auf Grund psychiatrischer Diagnosen. Aber bei Psychotherapie auf Krankenschein
heißt es: Na gut, Konsens, aber zahlen, das geht jetzt nicht!