Als Steirerin ist
mir natürlich der Mindestlohn ein wichtiges Anliegen – diese Forderung ist
in der Steiermark geboren worden. Ein Mindestlohn von 1 000 € –
das ist die Zukunft! Angesichts dessen, dass auch heute wieder in einer Tageszeitung
zu lesen ist, dass noch über 300 000 Menschen in Österreich unter dieser
Einkommensgrenze leben, ist es an der Zeit, diese Forderung, die die
Sozialpartner in Kollektivverträgen zu verwirklichen nicht geschafft haben,
auch wirklich umzusetzen.
Wichtig ist auch,
noch einmal zu erwähnen – und man kann es nicht oft genug tun –, dass
nunmehr nicht mehr nur 18, sondern 24 Monate Kinderbetreuungszeit als
pensionsbegründend – also nicht nur als Ersatzzeiten – angerechnet
werden. Es muss auch über eine eventuelle Anhebung der Zuverdienstgrenze beim
Kinderbetreuungsgeld diskutiert werden. Weiters brauchen wir – was wir oft
verdrängen – noch strengere Maßnahmen gegen den Missbrauch von Kindern
sowie auch Sucht- und Drogenprävention für unsere Jugend. (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Einhergehend damit
muss es aber eine verstärkte Partner- und Elternbildung geben, denn Eltern wird
in dieser Gesellschaft oft viel zu viel abverlangt.
Abschließend
möchte ich betonen: Eine moderne Frauen- und Familienpolitik ist eine
politische Querschnittmaterie, die alle Lebensbereiche umfassen muss. Und die
Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit ist der Schlüssel zu einer
nachhaltigen Gesellschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
15.55
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gelangt
nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf
5 Minuten ein. – Bitte.
15.55
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf
der Regierungsbank! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr
Bundeskanzler, Sie haben ganz zu Beginn Ihrer Regierungserklärung etwas
Wichtiges gesagt, nämlich dass diese Regierung einen Blick über die eigenen
Grenzen hinaus wagen wolle. – Na ja! Ein Blick auf die Regierungserklärung
und auf das Regierungsprogramm hat dann aber gezeigt, dass sich dieser Blick
gerade noch ein bisschen nach Europa richtet, aber über Europas Grenzen hinaus
in die Welt geht er so gut wie gar nicht. Diese Regierung hat, was die
Außenpolitik betrifft, der Mut verlassen, meine Damen und Herren! (Beifall
bei Abgeordneten der Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: „Spärlicher Applaus“ wird im
Protokoll stehen!)
Das zeigt sich
ganz deutlich daran, dass Sie zwar, wie Kollege Van der Bellen bereits erwähnt
hat, das Bekenntnis zum Friedensprojekt der Europäischen Union ablegen –
dem stimme ich zu –, aber danach kommen schon Südtirol und die
altösterreichischen Minderheiten. (Zwischenbemerkung
von Bundeskanzler Dr. Schüssel.)
Als ich das gelesen habe, fiel mir ein, dass auch wir Grüne das bei den
Verhandlungen mit der ÖVP hatten, nämlich im ersten Textentwurf der ÖVP.
Wahrscheinlich haben Sie damals die Papiere für die Verhandlungen mit den
Freiheitlichen mit jenen für die Verhandlungen mit uns verwechselt. Bei
unseren Verhandlungen kam der zweite Punkt dann im zweiten Entwurf nicht mehr
vor, denn das kann doch nicht wirklich ein Schwerpunkt der österreichischen
EU-Politik sein.
Der Konvent und
die EU-Erweiterung kommen erst als Punkt drei und vier des Regierungsprogramms.
Über den Konvent, Frau Außenministerin, ist, wie schon andere vor mir bereits
angeprangert haben, inhaltlich nicht viel enthalten. Wie ist denn das nun?
Will Österreich die Grundrechtscharta in der EU-Verfassung verankern? (Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner: Das wissen Sie doch!) –
Dann hätten Sie das auch in das Regierungsprogramm schreiben sollen! Sie sagen,
ich wüsste doch, dass Sie das wollen. Vielleicht weiß ich das – das mag
schon sein –, aber dann soll es doch im Programm dieser Regierung stehen,
Frau Ministerin! Wer kann das denn sonst wissen? Vielleicht die Abgeordneten,
die hin und wieder mit Ihnen diskutieren, aber das ist doch wohl auch für die
breitere Bevölkerung gedacht. Woher soll die das denn wissen?