Wie halten Sie es
mit dem Europaparlament? Soll es in allen Akten der Gesetzgebung ein Mitentscheidungsrecht
haben? Das steht auch nicht im Regierungsprogramm. Oder: Wie ist es damit, dass
der Rat in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber öffentlich tagen soll? Das sind
ganz wichtige Punkte, um dieses europäische Projekt auch der Bevölkerung näher
zu bringen. Aber nichts davon steht drinnen! Ich frage mich: Warum? Vielleicht
wollten Sie es hier nicht so deutlich aussprechen.
Zur Erweiterung.
Ich bin sehr froh darüber, dass das Bekenntnis zur Ratifizierung der Erweiterungsverträge
in dieses Regierungsprogramm aufgenommen wurde. Das war wahrscheinlich kein
ganz einfacher Schritt mit der FPÖ, aber immerhin, es steht drinnen. Ich hoffe,
dass auch Sie, Herr Minister Gorbach – er ist leider gerade nicht
anwesend –, sich in Zukunft an dieses Regierungsprogramm halten und nicht
neuerlich irgendwelche Vetodrohungen in den Raum stellen werden. Diese sind
nämlich einer gedeihlichen Europapolitik alles andere als förderlich und zudem
für die Nachbarschaftsbeziehungen nicht das Beste. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Herr
Bundeskanzler! Sie haben gesagt, es sei notwendig, gerade im
österreichisch-tschechischen Verhältnis die Versöhnung voranzutreiben. Da
stimme ich Ihnen sehr zu. Das ist notwendig! Diese Beziehungen gehören
verbessert – aber gemeinsam, und nicht mit Aufforderungen, was die
Tschechen beziehungsweise die tschechische Regierung tun sollen, sondern in
einem Dialog. In dieser Angelegenheit muss auf beiden Seiten etwas geschehen.
Frau
Außenministerin, Sie haben erwähnt, wie wichtig der südosteuropäische Raum für
die kommende Erweiterung ist, etwa Kroatien. Ich stimme Ihnen zu. Aber auch
eine Strategie für das weitere Südosteuropa wäre notwendig. Sie haben auch den
Koordinator des Stabilitätspaktes, Dr. Busek, erwähnt. Wäre es nicht
vorteilhaft, sich diesen Dr. Busek als Erweiterungsbeauftragten für die
österreichische Politik in diese Region zu holen? Das wäre doch ein Signal in
die richtige Richtung!
So wie es zurzeit
aussieht, hat dieses, wie Sie, Frau Ministerin, es genannt haben, „starke Herz“
ziemliche Herzrhythmusstörungen, denn eine echte EU-Politik ist leider noch
nicht zu sehen.
Außenpolitik wird
vor allem vor dem Hintergrund der äußeren Sicherheit dargestellt. Zur Entwicklungszusammenarbeit
gibt es ein paar vage Sätze, jedoch nichts über das Erreichen beziehungsweise
die gesetzliche Verankerung der von der EU beschlossenen ODA-Quote von
0,33 Prozent, nichts über das Millenniumsziel der UNO, die
Armutsbekämpfung, den Fairen Handel, der Ihnen angeblich so wichtig ist, eine
Studie über die Devisentransaktionssteuer, die Sie sogar in Ihrem Buch
erwähnen – nichts davon kommt darin vor!
All das ist nicht
wirklich zukunftsweisend, Frau Ministerin – denn warum schreiben Sie diese
Inhalte nicht ins Regierungsprogramm, wenn Sie sagen, dass Sie es ohnehin
vorhaben? Das gehört in ein Regierungsprogramm! So hat die Außenpolitik weder
Hand noch Fuß. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Präsident Dr. Andreas Khol:
Frau Abgeordnete,
bitte kommen Sie zum Schlusssatz!
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Ein Punkt noch
zur Sicherheitspolitik, da hier die Verbesserung der Beziehung zur NATO in den
Raum gestellt wird, die Beistandspflicht. Sie haben wohl vergessen, werte Damen
und Herren der Bundesregierung, dass für die Abschaffung der österreichischen
Neutralität zumindest eine Volksabstimmung notwendig wäre, um diese
Beistandspflicht einzuführen. (Abg. Scheibner: Was heißt
„zumindest“? – Präsident Dr. Khol
gibt das Glockenzeichen.) Das steht nicht drinnen, das müssten Sie aber
tun. (Beifall bei den Grünen sowie des
Abg. Dr. Fischer. – Abg. Scheibner: Lesen Sie einmal die Verfassung,
Frau Kollegin! Haben Sie Artikel 23f gelesen?)
16.01
Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt die letzte Stunde bis 17 Uhr vor uns. Auf Grund der Entscheidungen der Präsidialkonferenz soll ich die Redezeit auf die elf Redner, die noch bis 17 Uhr drankommen, gleichmäßig verteilen. Daher bitte ich alle,