Keine Sekunde lang
kann man sich das vorstellen. (Abg.
Dr. Stummvoll: Bei uns spaltet
sich niemand ab!) Ich sehe Ihren Gesichtern ja an, dass Sie mir
diesbezüglich zustimmen. Das ist undenkbar! Genau das, meine Damen und Herren
von der ÖVP, zeigt die Willkür bei dieser Entscheidung.
Drittens: Der österreichische Verfassungsgerichtshof, Herr Molterer von
der ÖVP, betrachtet meiner Meinung nach zu Recht diese Spielerei mit
Kurzbezeichnungen keineswegs als preiswerte Unterhaltung von
Krähwinkler – sagen wir es so – ÖVP-Funktionären, sondern als eine
ernste Sache. (Abg. Scheibner: Von wo sind die?) Ich empfehle Ihnen dringend, die
Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu dieser Frage nachzulesen. Dieser geht
eindeutig und nachvollziehbar davon aus, dass freie Wahlen, die den so
genannten wahren Wählerwillen erkennen lassen sollen, voraussetzen, dass eine
Verwechselbarkeit von politischen Parteien nicht besteht, nicht bestehen darf.
Dazu gibt es einschlägige Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes
sowohl zu den Langbezeichnungen als auch zu den Kurzbezeichnungen der
Parteien.
Meine Damen und Herren! Der Verfassungsgerichtshof hat in solchen Fragen
schon in weniger heiklen Fällen zugunsten einer Aufhebung von Wahlen
entschieden. Wir streben eine Anfechtung der Wahl und eine anschließende
Aufhebung nicht an, überhaupt nicht. (Abg.
Dr. Stummvoll: Sie hätten auch
keine Chance! Sehr klug!) Aber die Volkspartei und die FPÖ scheinen es
darauf anzulegen, und das ist meiner Meinung nach ein unwürdiges Verhalten in einer
funktionierenden Demokratie. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Mich würde interessieren, worin Sie in dem Antrag, den die Grünen heute
eingebracht haben, Probleme sehen.
Wir würden ersuchen, über Folgendes zu diskutieren: Der
Verfassungsgerichtshof möge eine Art Recht erhalten, so etwas Ähnliches wie
eine Einstweilige Verfügung schon im Vorfeld einer Wahl erlassen zu können, um
nicht erst im Nachhinein tätig werden zu müssen, wenn es zu spät ist, wenn es
zu einer Anfechtung und zu einer Aufhebung von Wahlen kommt. Im Zivilbereich
ist so etwas schon längst üblich: Wenn ein Unternehmer auf die Idee kommt, ein
Coca- Cola-ähnliches Getränk anzubieten, und auf die Etikette „Koca
Kola“ – mit zwei K – schreibt, dann hat er binnen Sekunden eine
Millionenklage am Hals. (Abg. Scheibner: Sie machen aber eine
ordentliche Werbung!) Nur politische Parteien sollen sich den genau
analogen Fall gefallen lassen. (Zwischenruf
des Abg. Mag. Molterer.) –
Sehr lustig, Herr Kollege Molterer!
Wir schlagen weiters vor, dass die Nationalrats-Wahlordnung in mehreren
Punkten klarer gefasst wird beziehungsweise geändert wird. Erstens muss es
eine Regelung geben, die die Verwechselbarkeit von politischen Parteien
ausschließt. Zweitens halten wir es für überflüssig, dass drei Abgeordnete für
andere
politische Parteien Unterschriften abgeben und abgeben können. Das führt nur zu
taktischem Missbrauch, wie insbesondere jetzt der Fall Niederösterreich wieder
zeigt. Drittens regen wir an, dass die Landtage mittels eines Bundesverfassungsgesetzes
angehalten werden, ihre Wahlordnungen entsprechend dieser Regelung klarer zu
fassen, damit derartige Vorgangsweisen wenigstens in Zukunft nicht mehr
vorkommen können, wenn sie auch für dieses Mal nicht mehr verhinderbar sind.
Ich glaube, meine Damen und Herren, insbesondere jene von der ÖVP, es
gibt hier einen demokratiepolitischen Handlungsbedarf, und ich ersuche Sie
sehr, unsere Bedenken ernst zu nehmen und diesem Dringlichen Antrag heute
zuzustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den
Grünen und der SPÖ.)
14.52
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zur Abgabe einer
Stellungnahme hat sich Herr Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel zu Wort
gemeldet. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. –
Bitte, Herr Bundeskanzler.
14.52
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen, Sie haben heute einen Dringlichen Antrag eingebracht,