Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 77

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wurden weltweit von allen Geberländern für alle weniger entwickelten Länder ausgegeben, das ist also ein Bruchteil.

Wenn nur ein Bruchteil dieser Kriegskosten seit dem letzten Golfkrieg in die Entwicklung dieser Region investiert worden wäre, dann wäre es gelungen, allen Menschen dort eine Ausbildung zu verschaffen – eine Ausbildung, die eine ganz wesentliche Voraussetzung für eine Demokra­tisierung darstellt, dann wäre es gelungen, in eine soziale Infrastruktur zu investieren und Men­schen bessere Lebensmöglichkeiten zu geben. Es wäre gelungen, eine freie Presse zu etablie­ren, es wäre gelungen, das Selbstbestimmungsrecht der Menschen zu stärken, und es wäre gelungen, das Empowerment der irakischen Frauen zu ermöglichen – ich wage zu behaupten, es gäbe längst eine funktionierende Demokratie im Irak.

Ein Diktator Saddam Hussein, ein Militärregime, die ständige Verletzung von Menschenrechten, die mögliche Produktion von Massenvernichtungswaffen, die Beschränkung der Meinungsfrei­heit und die Unterdrückung von Minderheiten – all das sind Gründe, die nun für diesen völker­rechtswidrigen Krieg ins Treffen geführt werden. Aber es sind dies Gründe, die unter Umstän­den gar nicht mehr existent wären. Hätten wir und hätte sich die Staatengemeinschaft dafür ausgesprochen, dort nur einen kleinen Teil dieser enormen finanziellen Leistungen, die jetzt für einen Krieg verschwendet werden, zu investieren, dann wäre längst, so behaupte ich, der Irak ein entwickeltes und prosperierendes Land. Ich unterstelle nur, dass genau die Länder, die jetzt diesen Krieg führen, eben daran gar kein Interesse haben.

Krieg ist nie ein Beitrag zur Entwicklung. Unterentwicklung erzeugt Not und Verzweiflung, die sehr oft in mannigfaltiger Art und Weise zu Ausnahmezuständen führt. Unsere österreichische Entwicklungszusammenarbeit ist ein kleiner – und ich behaupte, ein leider viel zu kleiner – Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in dieser Region. Mit unserem kleinen Beitrag sind wir durchaus friedensstiftend.

Internationale Konflikte können und müssen mit friedlichen politischen Mitteln gelöst werden. Dafür gehen unter dem Zeichen der Friedensfahne seit dem Angriff der USA weltweit Millio­nen – und auch in Österreich sind es eindrucksvoll viele Zehntausende – Menschen auf die Straße. Darunter sind viele junge Menschen. Von Politikverdrossenheit ist überhaupt nichts zu spüren. Diese jungen und diese alten Menschen, diese Männer, diese Frauen haben unsere uneingeschränkte Solidarität als SozialdemokratInnen, wenn sie fordern: Stoppt diesen Krieg! (Beifall bei der SPÖ.)

14.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

14.13


Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Bei den Bildern, die uns die Medien zu diesem Krieg ins Haus liefern, fühlt man sich durch die Art der Be­richterstattung oft mehr an ein sportliches Ereignis erinnert als an die wirklichen menschlichen Tragödien, die sich abspielen. Wenn es darum geht, welches Gerät welches Ziel trifft oder nicht, dann hält man sich doch oft zu wenig vor Augen, dass in diesen Gebäuden, die gerade getrof­fen oder nicht getroffen wurden, Menschen leben, Menschen getötet worden sind und sich dort in diesem Augenblick menschliche Tragödien live vor unseren Augen abspielen.

Die UNO schätzt die Folgen dieses Krieges so ein, dass 100 000 Menschen im Bombenhagel sterben könnten, 500 000 Menschen in diesem Krieg verletzt werden könnten, 7,4 Millionen Menschen auf sofortige Hilfsmaßnahmen angewiesen sein werden und dass 1,5 Millionen Men­schen vermutlich zu flüchten versuchen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! All das – Zerstörung, Flucht, Angst, Verletzte – passiert in einem Staat, dessen Bevölkerung bereits vor dieser kriegerischen Auseinandersetzung unter dra­matischer medi­zinischer Unterversorgung, dramatischer Mangelernährung zu leiden hatte. Es droht ein großes Flüchtlingsdrama, es beginnt bereits. Schon heute stehen über


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