Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 90

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den Ausschusssitzungen diesem Problemansatz widersprochen. Er sieht keine Gefahr durch eine entsprechende Einengung bei Finanzierungen.

Der Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, Universitätsprofessor DDr. Frisch, hat für mein Dafürhalten im Ausschuss etwas sehr Wichtiges gesagt, nämlich, dass dieses gesetzliche Budgetprovisorium unabdingbar ist, um das Ansehen Österreichs als erstklassigem Schuldner – als Triple-A-Schuldner – nicht in Frage zu stellen.

Auch der Leiter der Bundesfinanzierungsagentur, Herr Dr. Eder, hat auf die Sensibilität der Finanzmärkte hingewiesen und darauf, was die Folgen einer entsprechenden Reaktion sein könnten, nämlich höhere Kosten für uns.

Lassen Sie mich für meine Fraktion abschließend sagen, dass uns ein gesetzliches Budgetpro­visorium, das an jenes des Vorjahres angelehnt ist, auf jeden Fall – auch wenn das Jahr 2002 ein schwieriges Jahr war – lieber ist als eine Anlehnung an ein Budget aus den Zeiten sozia­listischer Finanzminister, denn das wäre fürchterlich, und da müsste man es sich ernsthaft über­legen, ob man das fortführen wollte. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

14.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundes­minister für Finanzen Mag. Grasser zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.56


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Gestatten Sie, dass ich die ver­bleibenden 4 Minuten Redezeit, bis wir um 15 Uhr unterbrechen, nütze, um nicht die breite Debatte, die wir hatten, zu reflektieren – vom Kassasturz bis zu den Grundlagen der Finanzpoli­tik –, sondern dass ich konkret zum gesetzlichen Budgetprovisorium spreche und mir erlauben werde, beim Punkt Rechnungsabschluss ein wenig grundsätzlicher und ausführlicher zu werden. (Abg. Öllinger: „Grasser-Sturz“? Was ist das?)

Meine Damen und Herren! Artikel 51 des Bundes-Verfassungsgesetzes unterscheidet das auto­matische und das gesetzliche Budgetprovisorium. Wir alle kennen den Regelfall, wie wir im Hohen Haus Budgets, Bundesfinanzgesetze, Budgetbegleitgesetze einbringen, nämlich norma­lerweise zehn Wochen vor Beginn des neuen Jahres, im Regelfall gibt es im Dezember eine Beschlussfassung. Aber natürlich haben die Väter unserer Verfassung auch Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass das nicht möglich ist.

Wir sind jetzt genau in dieser Situation. Ein automatisches Budgetprovisorium ist in Kraft. Das ist nicht neu, das ist in Österreich zum dritten Mal der Fall, daher ist das eine weder aufgeregte noch besonders problematische Situation. Zuletzt hatten wir diese Situation im Jahr 1999, als Rudolf Edlinger das Budget nicht im Herbst in den Nationalrat bringen konnte und es daher keinen Beschluss gegeben hat.

Dieser Artikel 51 des Bundes-Verfassungsgesetzes regelt in Absatz 5, dass man auf der Grundlage eines automatischen Budgetprovisoriums Finanzschulden nur bis zur Hälfte der im letzten Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Höchstbeträge eingehen darf. Diese Höchstbeträge waren in etwa 22 Milliarden €. 50 Prozent davon dürfen wir auf der Grundlage des automati­schen Provisoriums aufnehmen, also in etwa 11 Milliarden €.

Abgestimmt mit dem Rechnungshof wissen wir, dass wir diese Grenze von 11 Milliarden € in etwa im Laufe des Monats Aprils überschreiten würden. Danach könnten wir nur noch mit kurz­fristigen Geldern – so genannten Kassenstärkern – unsere Verpflichtungen erfüllen. Das käme den Steuerzahler wesentlich teurer, es würde zu Mehrbelastungen von jenseits der 15 Milli­onen € führen.

Es ist klar, eine solche Vorgangsweise macht keinen Sinn. Der vernünftigste Weg ist: Stellen wir die Liquidität der Republik auf gesetzlicher Basis sicher, stellen wir sie auf der Basis eines ge-


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