Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 181

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Ich erinnere auch an die Rede von Bundespräsident Klestil 1994 in Jerusalem sowie an eine Reihe weiterer Anlässe, die die Debatte um die Rolle Österreichs im Dritten Reich gefördert haben, wie etwa die Einrichtung eines Gedenktages gegen Gewalt und Rassismus, sowie an viele Veranstaltungen hier im Parlament und eben auch an jene beiden Gesetze.

Klar ist auch, dass mit diesem Gesetz nicht alle materiellen Schäden behoben werden konnten beziehungsweise wieder gutgemacht werden konnten, sondern dass es sich hierbei um eine Geste der Versöhnung, um eine humanitäre Geste gehandelt hat – auch als Eingeständnis des Unrechts, das vielen Opfern des Nationalsozialismus angetan wurde. Dafür hat man auch – das war vor allem für die österreichischen Betriebe wichtig – Rechtssicherheit darüber gewonnen, dass es keine weiteren Ansprüche geben wird, weil ansonsten etliche österreichische Firmen mit neuen Zwangsarbeiterklagen bedroht gewesen wären.

Damit ist ein Kapitel österreichischer Nachkriegsgeschichte abgeschlossen worden, nämlich nach den Jahren des Wiederaufbaues und der Bewältigung des inneren Ausgleichs auch die notwendigen juristischen, politischen und moralischen Verpflichtungen gegenüber den Opfern zu erfüllen.

Über eine Million Ausländer wurden vom nationalsozialistischen Regime zur Arbeit auf dem Gebiet des heutigen Österreich gezwungen, zu Sklaven- und Zwangsarbeit als Ausdruck einer grausamen Missachtung der Menschenrechte, was Deportation, Entrechtung, Versklavung und Misshandlung bedeutet hat, in vielen Fällen auch den Tod.

Somit widerfährt wenigstens jenen Menschen, die unmittelbar von den Grausamkeiten des NS-Regimes betroffen waren, eine geringfügige Genugtuung, nachdem Österreich auf Grund der Bestimmungen des österreichischen Staatsvertrages von 1955 ohnehin von allen zukünftigen Reparationszahlungen befreit wurde. In diesem Lichte ist auch der Betrag von 6 Milliarden Schilling fair und angemessen für jahrelanges Leid, für Gratisarbeit und schwere körperliche und psychische Schäden.

Insofern steht in diesem Fall nicht nur die materielle Wiedergutmachung, sondern auch die moralisch-geistige Dimension im Vordergrund, weshalb einige Zeitungsberichte, wonach es bei der Auszahlung nicht nur beträchtliche bürokratische Hindernisse zu geben scheine, sondern einzelne Menschen überhaupt um ihre Entschädigung umfielen, umso bedauerlicher sind. Es bleibt nur zu hoffen, dass das beschämendste Kapitel österreichischer Geschichte nicht auch noch einen unwürdigen Abschluss findet. Es bleibt außerdem zu hoffen, dass der Natio­nal­fonds, der eingerichtet wurde, um ein Stück österreichischer Geschichte und das Schicksal ver­folgter Menschen zu bearbeiten, über das Jahr 2004 hinaus bestehen bleiben und auch aus­reichend dotiert sein wird, um einen Beitrag zum Gedenken an eines der dunkelsten Kapitel der österreichischen Geschichte zu leisten. – Immer schön wachsam bleiben! (Beifall bei der SPÖ und der Abg. Mag. Stoisits.)

21.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.18


Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Versöhnungsfondsgesetz ist eine Maßnahme, die die Menschenwürdigung der Regierung mit hoher Kompetenz auszeichnet. Ich darf mich bei dieser Gelegenheit bei der Regierung für die Einsicht und bei Professor Steiner für seine Ver­dienste um den Versöhnungsfonds und um die Tätigkeit in diesem Zusammenhang bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist dies auch ein wertvoller Beitrag zur Imagepolitur unseres Landes gerade im Hinblick auf die leidvolle Nazivergangenheit.

Bei der Durchsicht der Listen hat sich ergeben, dass eine Fristerstreckung zur administrativen Bewältigung dieser großen Aufgabe erforderlich ist. Die Berechnungen sind sehr arbeitsintensiv


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