Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 115

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ohnedies, und wir haben ja auch anhand von Zahlen konkret belegt, dass es nicht um die Sicherung geht –, dann finde ich es schade, dass es gerade wieder die Frauen sind, gerade Frauen, die ohnedies oft keine andere Wahlmöglichkeit haben, nämlich geringfügig Beschäf­tigte, die von Ihnen komplett im Stich gelassen werden. Das ist äußerst bedauerlich, und das tut mir persönlich – muss ich ehrlich sagen – wirklich sehr weh, vor allem weil Sie auch eine Chance vorübergehen haben lassen, nämlich arbeitsmarktpolitisch einen Lenkungseffekt zu haben.

Ich halte zwar nicht viel von den Lenkungseffekten, wie sie diese Bundesregierung schon be­schlossen hat, denn bei den Ambulanzgebühren hat sich genau das Gegenteil herausgestellt. Aber im arbeitsmarktpolitischen Bereich, wo sich der Markt nicht von selbst regelt, versuchen Sie, die Unternehmer möglichst von allen Regeln zu befreien und die Arbeitnehmer sozusagen diesem Kräfteverhältnis zwischen Unternehmer einerseits und Menschen, die nichts anderes zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft, zu überlassen, und zwar zu Lasten der Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer.

Ein zweiter Punkt: Auf Grund der Tatsache, dass die Neuregelung zwei Monate später in Kraft treten wird, entgehen der Sozialversicherung 10 Millionen €. Man könnte sagen, angesichts des Budgets, angesichts der einschneidenden Maßnahmen im ASVG, die Sie planen, sind 10 Millio­nen € nicht viel. Wenn Sie überlegen – nicht wir! –, welche Belastungen Sie Pensionisten, Kran­ken, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auferlegen können, damit diese Sozialsysteme finanziert werden, dann, muss ich sagen, sind 10 Millionen € auch kein Klacks. Dann ist es auf das Versäumnis dieser Bundesregierung zurückzuführen, weil sie nicht gehandelt hat, weil sie säumig geblieben ist, dass diese 10 Millionen € fehlen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Die nachfolgenden Rednerinnen und Redner von uns werden auch darauf eingehen, was man mit den 10 Millionen € machen hätte können. Frau Staatssekretärin, werden diese 10 Millio­nen €, die der Sozialversicherung entgangen sind, über Bundesmittel jetzt der Sozialversiche­rung rückerstattet? Das ist meine Frage an Sie. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Wunschgemäß beträgt die Redezeit 6 Minuten. – Bitte.

16.47


Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mitte der neunziger Jahre waren einige Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt zu bewältigen, aus denen neue Institutionen zwischen der selbständigen und der nicht selbstän­digen Erwerbstätigkeit resultierten. Neue Selbständige, freie Dienstnehmer sind die rechtlichen Regelungen, unter anderem auch die geringfügige Beschäftigung, die in der Zwischenzeit von 205 000 Menschen in Österreich in Anspruch genommen wird, die aber nicht, um einem Irrtum vorzubeugen, in der Arbeitsmarktstatistik als Beschäftigung zählt, sondern extra gezählt wird. Über 90 Prozent der geringfügig Beschäftigten – das wissen wir zumindest aus der Statistik des Jahres 2001 – verfügen auch über andere Versicherungsverhältnisse: Mitversicherung, Schüler, Studenten, Pensionisten, andere Arbeitsverhältnisse, selbständige oder unselbständige.

Also das Prekäre, wie es auch genannt wird, ist in Wirklichkeit eine Ventilfunktion, wo man Zuverdienstmöglichkeiten schafft, die unter einer gewissen vom Gesetzgeber einhellig definierten Bagatellgrenze liegen. Trotzdem wollte man nicht, dass mit dieser Institution Miss­brauch betrieben wird und dass etwa ein Unternehmen auf die Idee kommen könnte, Voll- oder Teilzeitarbeitsplätze auf mehrere Geringfügige aufzuteilen.

Daher hat es in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre eine intensive Diskussion darüber gege­ben und einen sozialpartnerschaftlichen Konsens, durch einen zusätzlichen Sozialversiche­rungsbeitrag für mehr als eineinhalb geringfügig Beschäftigte diesen möglichen Missbrauch hintanzuhalten. Eine gute Lösung, wie ich meine. Der Inhalt der Regelung wird auch vom Ver­fassungsgerichtshof nicht in Frage gestellt. Der Verfassungsgerichtshof geht in seinem auf-


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