Zu all dem kommt
noch – das muss man auch einmal sagen, und Frau Bundesministerin
Rauch-Kallat wird das sicherlich verstehen, aber sie ist natürlich nur ein
Mitglied dieser Bundesregierung –, dass Patienten nur über eines
entscheiden können, nämlich zum Arzt zu gehen oder nicht. Danach aber
entscheidet der Arzt/die Ärztin beziehungsweise das System der Gesundheitsberufe,
was mit diesem Patienten/dieser Patientin geschieht. Kranke haben überhaupt
keinen Einfluss darauf, welche Kosten sie verursachen, denn sie sind auf Treu
und Glauben auf die Tipps und Anweisungen der Kolleginnen und Kollegen aus den
Gesundheitsberufen angewiesen.
Also: Welche
Gefahren bestehen in den Selbstbehalten? – Diese sind vielfältiger Natur.
Dass Diagnosen verschleppt werden, macht das System sicherlich noch teurer,
weil sich eben Erkrankungen chronifizieren, festfressen können und noch
schwerer behandelbar sind. Weiters: Die Gefahr der Selbstmedikation steigt.
PatientInnen werden versuchen, sich irgendetwas aus der Apotheke zu besorgen,
von dem sie meinen, es könnte ihnen helfen – und das, ohne die Diagnose
zu kennen. Es entstehen soziale Härten und ein ungeheuer großes bürokratisches
Chaos, wenn man diese sozialen Härten genügend abfedern will, also so ähnlich
wie bei den Ambulanzgebühren.
Dass die
Gesundheitskosten damit sinken, ist nicht nur eine Platitude, sondern schlicht
und einfach falsch! Die
Gesundheitskosten werden nur verschoben; sie werden nicht sinken, sondern
werden vom öffentlichen Sektor in den privaten, das heißt auf die Kranken
übergewälzt. Das darf nicht sein!
Sie, meine Damen
und Herren von den Koalitionsparteien, sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass
Österreich bereits an dritter Stelle der Welt liegt – nach den USA und
den Niederlanden –, was die Gesundheitskosten betrifft, die Private
anteilig an den Gesamtkosten ausgeben müssen.
Ich komme noch
kurz auf unsere Koalitionsgespräche mit der ÖVP zurück. (Abg. Scheibner: Das ist interessant!) Da
haben wir von Harmonisierung der Selbstbehalte auf einem einheitlichen Niveau
gesprochen, haben uns allerdings dagegen ausgesprochen, Selbstbehalte als zusätzliche Einnahmequelle zu
deklarieren. Bartenstein hat sogar zugegeben, er fürchte dasselbe wie bei den
Ambulanzgebühren; man sollte eine Pilot-Studie in einem Bundesland machen. –
Nichts von dem ist geschehen! Nichts davon ist geblieben!
Die neuen Belastungen der Bundesregierung betreffen, wenn man das
subsumiert, zu 88 Prozent die Versicherten – und nur zu
12 Prozent die Dienstgeber. Das heißt, die Balance, die Parität zwischen
Dienstnehmern und Dienstgebern wird empfindlich und immer weiter gestört.
Dass man das jetzt noch an den Hauptverband, den Sie ja immer für
unfähig halten, und an die Kassen delegieren will, dass sie entscheiden, wie
hoch die Selbstbehalte sein sollen, ist insofern fatal, als wir doch eine
bundesweite Regelung wollen. Die Gefahr von neun Bundesländer-Regelungen und
einer vermehrten Ungleichheit steigt somit.
Zum Schluss: Arme Kassen werden gezwungen sein, mehr einzufordern. Aber
warum sind diese Kassen arm? – Weil ihre Versicherten arm sind:
Arbeitslose, Mutterschutz et cetera. Das heißt, die Katze beißt sich doch da in
den Schwanz. Die Gesundheit kommt nicht vorwärts! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)
Ich würde einen Dialog empfehlen. Der Herr Bundeskanzler hat ja von
beiden Händen gesprochen, die ausgestreckt wären. – Mein Appell: Reichen
wir uns diese zum Dialog, solange wir sie noch haben! (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
9.14
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu einer
einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin
Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Bundesministerin.
9.14
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Dr. Grünberger! (Rufe bei den Grünen: Grüne-