Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 8

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Zu all dem kommt noch – das muss man auch einmal sagen, und Frau Bundesministerin Rauch-Kallat wird das sicherlich verstehen, aber sie ist natürlich nur ein Mitglied dieser Bundes­re­gierung –, dass Patienten nur über eines entscheiden können, nämlich zum Arzt zu gehen oder nicht. Danach aber entscheidet der Arzt/die Ärztin beziehungsweise das System der Ge­sundheitsberufe, was mit diesem Patienten/dieser Patientin geschieht. Kranke haben über­haupt keinen Einfluss darauf, welche Kosten sie verursachen, denn sie sind auf Treu und Glau­ben auf die Tipps und Anweisungen der Kolleginnen und Kollegen aus den Gesundheitsberufen ange­wiesen.

Also: Welche Gefahren bestehen in den Selbstbehalten? – Diese sind vielfältiger Natur. Dass Diagno­sen verschleppt werden, macht das System sicherlich noch teurer, weil sich eben Er­kran­kungen chronifizieren, festfressen können und noch schwerer behandelbar sind. Weiters: Die Gefahr der Selbstmedikation steigt. PatientInnen werden versuchen, sich irgendetwas aus der Apotheke zu besorgen, von dem sie meinen, es könnte ihnen helfen – und das, ohne die Diagno­se zu kennen. Es entstehen soziale Härten und ein ungeheuer großes bürokratisches Chaos, wenn man diese sozialen Härten genügend abfedern will, also so ähnlich wie bei den Ambulanzgebühren.

Dass die Gesundheitskosten damit sinken, ist nicht nur eine Platitude, sondern schlicht und ein­fach falsch! Die Gesundheitskosten werden nur verschoben; sie werden nicht sinken, sondern werden vom öffentlichen Sektor in den privaten, das heißt auf die Kranken übergewälzt. Das darf nicht sein!

Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass Österreich be­reits an dritter Stelle der Welt liegt – nach den USA und den Niederlanden –, was die Ge­sund­heits­kosten betrifft, die Private anteilig an den Gesamtkosten ausgeben müssen.

Ich komme noch kurz auf unsere Koalitionsgespräche mit der ÖVP zurück. (Abg. Scheibner: Das ist interessant!) Da haben wir von Harmonisierung der Selbstbehalte auf einem einheitli­chen Niveau gesprochen, haben uns allerdings dagegen ausgesprochen, Selbstbehalte als zu­sätzliche Einnahmequelle zu deklarieren. Bartenstein hat sogar zugegeben, er fürchte dassel­be wie bei den Ambulanzgebühren; man sollte eine Pilot-Studie in einem Bundesland ma­chen. – Nichts von dem ist geschehen! Nichts davon ist geblieben!

Die neuen Belastungen der Bundesregierung betreffen, wenn man das subsumiert, zu 88 Pro­zent die Versicherten – und nur zu 12 Prozent die Dienstgeber. Das heißt, die Balance, die Pari­tät zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern wird empfindlich und immer weiter gestört.

Dass man das jetzt noch an den Hauptverband, den Sie ja immer für unfähig halten, und an die Kas­sen delegieren will, dass sie entscheiden, wie hoch die Selbstbehalte sein sollen, ist inso­fern fatal, als wir doch eine bundesweite Regelung wollen. Die Gefahr von neun Bundesländer-Re­gelungen und einer vermehrten Ungleichheit steigt somit.

Zum Schluss: Arme Kassen werden gezwungen sein, mehr einzufordern. Aber warum sind die­se Kassen arm? – Weil ihre Versicherten arm sind: Arbeitslose, Mutterschutz et cetera. Das heißt, die Katze beißt sich doch da in den Schwanz. Die Gesundheit kommt nicht vorwärts! (Prä­sident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich würde einen Dialog empfehlen. Der Herr Bundeskanzler hat ja von beiden Händen gespro­chen, die ausgestreckt wären. – Mein Appell: Reichen wir uns diese zum Dialog, solange wir sie noch haben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Bundesministerin.

9.14


Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Dr. Grünberger! (Rufe bei den Grünen: Grüne-


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