verdeckt rationieren! Und keine Leistung – wissen Sie, was das
heißt? – Das heißt 100-prozentiger Selbstbehalt!
Wir brauchen Geld,
damit wir die Vorsorge verbessern. Es wäre ein schönes Ziel, wenn Sie mit uns
mitgehen und sagen würden: Wir reduzieren die Sterblichkeitsrate bei Frauen mit
Brustkrebs um 50 Prozent! (Abg. Dr. Grünewald: Das ist Utopie!),
wenn Sie sagen würden: Füllen wir die weißen Flecken!, wenn Sie sagen würden:
Machen wir etwas bei der Kinderkrebsrehabilitation, machen wir etwas bei der
Krebsrehabilitation, bauen wir die Hospize aus! (Abg. Dr. Grünewald: Das machen Sie ja nicht!)
Wir von der ÖVP,
wir von der Regierung wollen gleichen Zugang – unabhängig vom Einkommen! Das ist unser
Credo! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
9.30
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Lackner. – Bitte.
9.30
Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau
Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses!
Ich will keine Zwei-Klassen-Medizin, ich will keine Beitragserhöhungen und ich
will keine neuen Selbstbehalte. (Abg. Mag. Molterer: Was wollen
Sie dann?) – So weit eines der weiteren oder der vielen
vordergründigen Versprechen des Herrn Bundeskanzlers vom 9. Juli 2002.
Die Fakten, meine
Damen und Herren von den Regierungsparteien, sprechen jedoch eine andere
Sprache. „Wir“ – so der Herr Bundesfinanzminister gestern in seiner
Budgetrede – „haben daher die Sozialversicherungsträger ermächtigt, von allen
Versicherten einen sozial gestalteten Selbstbehalt einzuheben“.
Prüfen wir nunmehr
diese neoliberale Ansage auf ihre Plausibilität!
Es ist
nachgewiesen, meine Damen und Herren, dass die Gesundheitschancen entsprechend
dem Einkommen und dem sozialen Status unterschiedlich sind. Daher ist es für
mich wichtig festzuhalten: Die gesundheitliche Versorgung ist ein
öffentliches Anliegen und nicht die Privatsache der Bürgerinnen und Bürger
dieses Landes! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Die vorliegenden
Erfahrungen, meine Damen und Herren, führen auch zu starken Zweifeln an der
Sinnhaftigkeit von generellen Selbstbehalten, denn eines ist klar: Die
Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sinkt mit steigenden Selbstbehalten.
Dieser Effekt ist aber nur kurzfristig und wird durch erhöhte Intensität des
Angebots mehr als nur kompensiert. Selbstbehalte wirken generell abschreckend,
ohne zwischen notwendigen und weniger notwendigen Behandlungen zu
unterscheiden.
Insgesamt, meine
Damen und Herren, zieht die abschreckende Wirkung insbesondere für Bezieher
niedriger Einkommen nachteilige gesundheitliche Folgen und Mehrkosten nach
sich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Die
Gesamteinnahmen aus Selbstbehalten bleiben meist hinter den Erwartungen zurück,
und auch Ausnahmen können keinen tatsächlichen Schutz für einkommensschwache
und chronisch kranke Menschen gewährleisten. Die hohen Administrationskosten
von Ausnahmen werden von vielen unterschätzt.
Die Finanzierung
ist natürlich regressiv. An Stelle eines solidarischen Risikoausgleichs werden
kranke und sozial schwache Menschen unmittelbar belastet. Deswegen bewerten
gesundheitspolitische Analysen Selbstbehalte als ungeeignetes Instrument, um
zu den Zielen Gerechtigkeit und Effizienz beizutragen. (Beifall bei der SPÖ
und bei Abgeordneten der Grünen.)
Vor diesem Hintergrund werden Selbstbehalte in erster Linie als politisches Instrument eingesetzt. Sie dienen als Symbol für einen liberalen, marktorientierten Politikansatz, der individuelle