Rahmen dieser
Debatte wichtig, vorab Folgendes festzuhalten: In diesem Gesetzentwurf geht es
um einen ersten wesentlichen Schritt zur Harmonisierung im Bereich des bereits
bestehenden Selbstbeteiligungssystems, welches unüberschaubar geworden ist.
Wir alle wissen, dass die Selbstbehalte in den letzten Jahrzehnten auf rund
800 Millionen € angewachsen sind. Veränderungen, um das System
überschaubarer, einfacher und sozial gerechter zu machen, sollten von uns allen
begrüßt werden.
Selbstbehalte
abzuschaffen würde bedeuten, unser weltweit erstklassiges Gesundheitssystem zu
gefährden. In Zukunft stellt aber ein Bereich in unserer Gesellschaft an unser
Gesundheitssystem eine besondere Herausforderung dar, nämlich jener der
psychischen Belastungen mit Krankheitsfolgen.
In meiner
psychotherapeutischen Praxis – und meinen Berufskollegen geht es
ebenso – arbeite ich immer mehr mit Menschen, die an Depressionen leiden.
Stellen Sie sich bitte Folgendes vor: Sie wären an meiner Stelle in meiner
Praxis. (Abg. Parnigoni: Die FPÖ ist schon depressiv!) Eine Frau
sitzt weinend vor Ihnen. Sie ist nicht mehr in der Lage, die Kinder zu
betreuen. Sie kann ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen. Sie hat keine Kraft für
die tagtäglichen Anforderungen des Lebens. – Dies zeigt die Dringlichkeit,
solchen Menschen so gut wie möglich helfen zu können. Aber: Gerade in diesem
Bereich der psychotherapeutischen Leistungen haben wir durch das Zuschusssystem
eindeutig den höchsten Selbstbehalt. Es ist also ein Umbau notwendig.
Auch als Personalvertreterin
bin ich mit vermehrten psychischen Belastungen der Kolleginnen und Kollegen,
wie Burn-out-Syndrom, Ängsten, Mobbing und eben Depressionen konfrontiert.
Bezeichnend ist, dass die WHO dieses Jahrhundert als das der Depressionen
ausgerufen hat. Seit 1991 – das sind zwölf Jahre! – sind die
Krankenversicherungsträger durch die 50. ASVG-Novelle aufgerufen, eine
österreichweite psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen. Nur wenige
Bundesländer – und als erstes Bundesland Tirol – haben eigene Lösungen
umgesetzt. Letztendlich geht es darum, Menschen dabei zu unterstützen, fit
fürs Leben zu bleiben und somit die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Dies sehe ich
als unser aller Pflicht an.
Besonders freut es
mich, dass unsere Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat und Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel einen Schwerpunkt im Gesundheitssystem auf die Gesundheitsvorsorge
legen. Gesundheitsvorsorge im
psychischen Bereich bedeutet nicht nur, Leid und lange Krankenstände zu
verhindern, sondern auch Stärkung der Verantwortung für das eigene Leben und
die Gesundheit.
Letztendlich kann
einem Patienten, der dem Arzt die Symptome nicht schildern kann, auch nicht
geholfen werden.
Abschließend hätte
ich noch einen Vorschlag im Sinne dieser Vorsorge: Erweitern wir die Gesundenuntersuchungen
um den psychischen Bereich, damit wir dem ganzheitlichen medizinischen Ansatz
im Sinne von Einheit von Geist, Seele und Körper gerecht werden! Das werden uns
viele Österreicherinnen und Österreicher danken. (Beifall bei der ÖVP und
den Freiheitlichen.)
9.51
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.
9.51
Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh über das Thema der Aktuellen Stunde und diese Diskussion, weil die derzeitige Diskussion über die Pensionskürzungsaktion dieser Bundesregierung natürlich alles andere überschattet. Das ist klar. Diese Pensionskürzungsaktion ist auch der massivste Eingriff in die Lebensplanung der Menschen. Damit wird aber eine Reihe anderer unredlicher Absichten, die diese Bundesregierung in das Budgetbegleitgesetz hineingepackt hat, überschattet. Die Einführung der Selbstbehalte, die wir jetzt diskutieren, ist eine dieser weiteren unredlichen Absichten dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)