Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 16

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Rahmen dieser Debatte wichtig, vorab Folgendes festzuhalten: In diesem Gesetzentwurf geht es um einen ersten wesentlichen Schritt zur Harmonisierung im Bereich des bereits bestehen­den Selbstbeteiligungssystems, welches unüberschaubar geworden ist. Wir alle wissen, dass die Selbstbehalte in den letzten Jahrzehnten auf rund 800 Millionen € angewachsen sind. Ver­änderungen, um das System überschaubarer, einfacher und sozial gerechter zu machen, sollten von uns allen begrüßt werden.

Selbstbehalte abzuschaffen würde bedeuten, unser weltweit erstklassiges Gesundheitssystem zu gefährden. In Zukunft stellt aber ein Bereich in unserer Gesellschaft an unser Gesundheits­system eine besondere Herausforderung dar, nämlich jener der psychischen Belastungen mit Krankheitsfolgen.

In meiner psychotherapeutischen Praxis – und meinen Berufskollegen geht es ebenso – arbeite ich immer mehr mit Menschen, die an Depressionen leiden. Stellen Sie sich bitte Folgendes vor: Sie wären an meiner Stelle in meiner Praxis. (Abg. Parnigoni: Die FPÖ ist schon depressiv!) Eine Frau sitzt weinend vor Ihnen. Sie ist nicht mehr in der Lage, die Kinder zu betreuen. Sie kann ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen. Sie hat keine Kraft für die tagtäglichen Anforderungen des Lebens. – Dies zeigt die Dringlichkeit, solchen Menschen so gut wie möglich helfen zu können. Aber: Gerade in diesem Bereich der psychotherapeutischen Leistungen haben wir durch das Zuschusssystem eindeutig den höchsten Selbstbehalt. Es ist also ein Umbau not­wendig.

Auch als Personalvertreterin bin ich mit vermehrten psychischen Belastungen der Kolleginnen und Kollegen, wie Burn-out-Syndrom, Ängsten, Mobbing und eben Depressionen konfrontiert. Bezeichnend ist, dass die WHO dieses Jahrhundert als das der Depressionen ausgerufen hat. Seit 1991 – das sind zwölf Jahre! – sind die Krankenversicherungsträger durch die 50. ASVG-No­velle aufgerufen, eine österreichweite psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen. Nur wenige Bundesländer – und als erstes Bundesland Tirol – haben eigene Lösungen umgesetzt. Letzt­endlich geht es darum, Menschen dabei zu unterstützen, fit fürs Leben zu bleiben und somit die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Dies sehe ich als unser aller Pflicht an.

Besonders freut es mich, dass unsere Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat und Bundes­kanzler Wolfgang Schüssel einen Schwerpunkt im Gesundheitssystem auf die Gesundheits­vorsorge legen. Gesundheitsvorsorge im psychischen Bereich bedeutet nicht nur, Leid und lan­ge Krankenstände zu verhindern, sondern auch Stärkung der Verantwortung für das eigene Leben und die Gesundheit.

Letztendlich kann einem Patienten, der dem Arzt die Symptome nicht schildern kann, auch nicht geholfen werden.

Abschließend hätte ich noch einen Vorschlag im Sinne dieser Vorsorge: Erweitern wir die Ge­sun­den­untersuchungen um den psychischen Bereich, damit wir dem ganzheitlichen medizini­schen Ansatz im Sinne von Einheit von Geist, Seele und Körper gerecht werden! Das werden uns viele Österreicherinnen und Österreicher danken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

9.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

9.51


Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh über das Thema der Aktuellen Stun­de und diese Diskussion, weil die derzeitige Diskussion über die Pensionskürzungsaktion dieser Bundesregierung natürlich alles andere überschattet. Das ist klar. Diese Pensionskürzungs­aktion ist auch der massivste Eingriff in die Lebensplanung der Menschen. Damit wird aber eine Reihe anderer unredlicher Absichten, die diese Bundesregierung in das Budgetbegleitgesetz hineingepackt hat, überschattet. Die Einführung der Selbstbehalte, die wir jetzt diskutieren, ist eine dieser weiteren unredlichen Absichten dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


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