Präsident Dr. Andreas Khol: Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr
Klubobmann!
Klubobmann Josef
Cap hat beantragt, das Stenographische Protokoll der Rede des Abgeordneten
Lichtenegger in der „Aktuellen Stunde“ herbeizuschaffen – es liegt mir
vor –, und er hat einen Ordnungsruf beantragt, den ich hiemit erteile.
Lichtenegger hat
gesagt: „Zum Beispiel, dort funktioniert es auch sehr gut. Das System bewährt
sich ja, und da regt sich aber niemand auf von Ihren Herrschaften, von
Heckenschützen der Gewerkschaft zum Beispiel.“
Damit ist der Ordnungsruf erteilt. (Abg.
Dipl.-Ing. Prinzhorn: So heikel
muss man nicht sein!)
Zu Wort gemeldet
ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Die Redezeit beträgt wunschgemäß
20 Minuten. – Bitte.
10.31
Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Wir
haben gestern wieder einiges Neues gelernt (Abg. Grillitsch: Hoffentlich!), und zwar: Wenn der
Herr Finanzminister Steuern und Abgaben erhöht, dann nennt er das „die größte
Steuerreform aller Zeiten“. Wenn er die Pensionen kürzt, dann nennt er das
„Pensionssicherung“. Und wenn das Defizit, die Schulden des Bundes wachsen,
dann nennt er das „Konsolidierung“. – Meine sehr verehrten Damen und
Herren, das ist unakzeptabel! (Beifall bei der SPÖ.)
Man hat überhaupt
den Eindruck, dass sowohl die gestrige Rede des Herrn Finanzministers als auch
die Rede des Herrn Abgeordneten und Klubobmann Molterer sehr wenig mit dem zu
tun haben, was sich in diesem Zahlenwerk des Budgets tatsächlich widerspiegelt.
(Abg. Scheibner: Da
sind wir gespannt, was Sie bringen!)
Herr Klubobmann
Scheibner! Ich verstehe Ihre Unruhe. (Abg. Scheibner: Ich bin ganz ruhig!) Wenn ich
einer Regierung angehören würde, die ein solches Budget einbringt, dann wäre
ich auch mit Recht beunruhigt, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ich hoffe nur, dass Sie etwas zu den
Zahlen sagen werden!)
Der schönste Satz
des Herrn Finanzministers war gestern: Steuern senken, Freiheit schenken. Das
war ein wunderbarer Satz! (Abg. Mag. Molterer: Bravo! Das stimmt!) Wenn man
diesen Satz auf den Finanzminister anwendet und sich ansieht, was er in den
letzten Jahren getan hat, dann muss man feststellen: Er war ein Finanzminister
der Unfreiheit, denn er hat permanent die Steuern erhöht, meine Damen und
Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Besonders
interessant scheint mir aber die dahinter stehende Geisteshaltung zu sein:
Freiheit schenken. Das heißt, der Finanzminister glaubt, es sei seine Aufgabe,
den Österreicherinnen und Österreichern Freiheit zu schenken. Meine Damen und
Herren! Ich bin davon ausgegangen, dass wir in einem freien, demokratischen
Land leben und keinen obrigkeitsstaatlich orientierten Finanzminister
brauchen, der uns eine Freiheit schenkt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten
der Grünen. – Abg. Scheibner: Aber Sie könnten auch über das Zitat philosophieren!)
Aber
offensichtlich hat der Finanzminister mit einzelnen Freiheiten große Probleme,
weil er sich gestern mehrfach gegen die Maßnahmen, die die Gewerkschaften, die
Arbeitnehmer gesetzt haben, ausgesprochen hat. (Zwischenruf des Abg.
Dr. Trinkl.) Es hätte nur mehr gefehlt, dass er gesagt hat, er
sei für eine Einschränkung des Streikrechts. Das wäre die Konsequenz seiner Aussagen
gewesen.
Aber das überhaupt Bedrückendste an seiner Rede war, dass er als Kronzeugen für seine Haltung den früheren ÖGB-Präsidenten Anton Benya angesprochen hat. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Das hat wehgetan, das verstehe ich! – Rufe bei der ÖVP: Olah!) – Er hat beide genannt.