Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 58

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Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (fortsetzend): Ich komme schon zum Schlusssatz. – Was immer Sie unternehmen, es wird ein untauglicher Versuch sein. Wenn es auch Ihr Auftrag ist, Karl-Heinz Grasser nachhaltig politisch zu desavouieren – es wird Ihnen nicht gelingen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.42


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Gleiche Rede­zeit. – Bitte.

12.42


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Es ist zumindest interessant, dass der Generalsekretär der ÖVP den so genannten parteilosen Finanzminister hier mit so viel Vehemenz und Einsatz ver­teidigt. Vielleicht denkt er, Grasser wird der nächste Parteiobmann der ÖVP. Ich weiß es nicht, aber irgendeinen Grund wird er schon dafür haben, der Generalsekretär der ÖVP, den so genannten unabhängigen Finanzminister hier wie einen ÖVP-Minister zu verteidigen.

Aber das ist nicht das Thema. Thema heute ist die Budgetdebatte, die Budgetrede des Finanz­mi­nisters, die er gestern gehalten hat und die im „Standard“ von einem Kommentator als „Die Wen­den des Theatermachers“ betitelt wurde. (Abg. Dr. Brinek: Hat er da den Cap gemeint?) – Ein interessanter Titel, beschreibt er doch – ich glaube, mich erinnern zu können, dass auch Jörg Haider das einmal im Fernsehen gesagt hat – diese Beliebigkeit der Politik des Finanz­mi­nis­ters – ein Kennzeichen, ein Markenzeichen.

Es war interessant, sich den Verlauf seiner Meinungen bei den diversen Budgetdiskussionen und öffentlichen Aussendungen anzusehen. Sie wissen natürlich selbst, wie es begonnen hat, näm­­lich mit: Nulldefizit ist Nulldefizit! Dann hat es geheißen: ein ausgeglichenes Budget über den Konjunkturzyklus. Es wurde hinterfragt, ob 0,5 oder 0,7 Prozent Defizit nicht ohnehin schon einem Nulldefizit gleichkämen. Zum Schluss hat es geheißen: Irgendwann, wenn die Schul­denjahre vorbei sind, wollen wir uns dann möglichst nahe an die Null heranarbeiten! – Das ist die Sprache, die man einmal kritisieren sollte: Es wird versucht, den Menschen etwas vorzu­ma­chen, zu vernebeln, ihnen nicht wirklich zu sagen, worum es geht. Das muss einmal von uns aufgezeigt werden, und das tun wir auch! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Im Jahr 2000 ist der berühmte Satz gefallen: „Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Bud­get.“ – Im Regierungsprogramm am 28. Februar 2003 ist aufgezählt worden, in welchen Jahren es das Budgetdefizit geben wird.

Oder: die Ankündigung der größten Steuerreform; fast hört man: „aller Zeiten“, aber gemeint ist die größte Steuerreform der Zweiten Republik. – Dann kommt sie nicht und kommt sie nicht und kommt sie nicht! Sie wird verschoben, und dann gibt es nur mehr die Zielansage: vielleicht 2005.

Oder, Aussage von Grasser: Das, was wir den Bürgern geben, müssen wir ihnen vorher neh­men. – Das ist das, was wir so kritisieren! Es wird permanent versucht, den Bürger und die Bür­ge­­rin an der Nase herumzuführen, sie für dumm zu verkaufen! Der Steuerzahler hat aber ein Recht darauf, zu wissen, worum es geht. Es geht um ihn, es geht um unser Land, es geht um die Zukunft. Da kann man nicht diese Art von Politik verfolgen, da kann man nicht derartige Bud­getreden halten – mit dem Sanktus desjenigen, der, wie es in der Zeitung steht, in Wirk­lichkeit Grasser als Marionette verwendet, nämlich des Bundeskanzlers!

Wir haben gesehen, wie eng die Bindung zwischen den beiden ist (Abg. Dr. Fekter: Das ist euch ein Dorn im Auge, dass das so gut funktioniert!), als der Bundeskanzler sich vorhin für den Finanz­minister so sehr ins Zeug gelegt und versucht hat, ihn gegen seine Kritiker hier zu vertei­di­gen. Hier liegt eine enge Geistesverwandtschaft vor.

Jeder muss wissen: Wer Grasser und seine Schuldenpolitik und seine Defizitpolitik und seine Belastungspolitik kritisiert, der muss in Wirklichkeit die ganze Regierung kritisieren, vor allem


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