Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 18. Sitzung / Seite 28

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Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hohe Haus erlebt heute ein Novum in seiner Geschichte: Der zuständige Ressortminister Vizekanzler Haupt legt einen Entwurf vor – wahrscheinlich hat die Frau Staatssekretärin daran mitgearbei­tet –, und in wenigen Minuten wird er uns erklären, wie hart er verhandelt hat, und zwar wahrscheinlich mit sich selbst. Herr Vizekanzler! Wahrscheinlich haben Sie am „Run­den Tisch“ einmal Pro und einmal Kontra gegeben. Wenn Sie hier jetzt lautstark Ver­besse­rungen angekündigt haben, dann frage ich mich: Warum haben Sie das nicht gleich in den Entwurf hineingegeben? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Ich werde Ihnen die Antwort darauf noch geben.

Wir haben aber noch ein Novum: In der Geschichte der Zweiten Republik hat es noch nie ein Gesetz gegeben, das von so viel Chaos gekennzeichnet gewesen ist. Allein zu dem Vorschlag von Frau Staatssekretärin Haubner: 1000 € – darunter darf nichts ge­schehen, hat es im 10-Minuten-Abstand divergierende Pressemeldungen gegeben. Die fünf Minuten Redezeit, die ich habe, reichen nicht, um sie alle aufzuzählen.

Ich möchte nur eines sagen – und da werden wir genau aufpassen müssen –: Sie ha­ben einen Vorschlag unterbreitet. Wenn wir das schriftlich bekommen, werden wir nachlesen, wie das formuliert ist.

Ich anerkenne die Anhebung: Bis 1000 € eine Ausgleichszulage – das ist ja recht gut. Man muss wissen, dass 61 Prozent der Pensionisten unter 1 000 € haben. Sie sind wahrscheinlich erst draufgekommen, was Ihr Vorschlag bedeutet, als Sie sich die Zah­len angeschaut haben. Wie Sie jetzt jemandem helfen wollen, wenn der Ehegatte eine Pension von 700 € und die Ehefrau eine Pension von 400 € hat und Sie den Aus­gleichszulagenrichtsatz auf 1000 € erhöhen, frage ich mich. Das geht nicht! Bei Ihrem Vorschlag werden die Zeche die Frauen und jene, die verheiratet sind, zahlen. Da wer­den wir genau rechnen und aufpassen müssen. Da liegt nämlich die Falle! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich sage Ihnen, warum es eigentlich zu der Diskussion gekommen ist und warum Sie bereit waren, einige Retuschen vorzunehmen. – Weil am 6. Mai dieses Jahres 500 000 Menschen bereit waren, Aktionen zu setzen, weil am 13. Mai – sehr viele habe im Budgetausschuss gelächelt, als sie gesehen, dass das größte Unwetter in der Ge­schichte über Wien heruntergeht, bei Sonnenschein kann man leicht demonstrieren – 200 000 Menschen auf die Straße gegangen sind. 200 000 Menschen auf die Straße zu bekommen, wenn es hagelt und regnet und die Menschen somit nass wurden – das kann ein Funktionär nicht auf Knopfdruck machen. Die Menschen waren persönlich betroffen und überzeugt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn gestern 1 Million Menschen quer durch alle politischen Fraktionen bereit gewe­sen sind, sich dafür einzusetzen, dann ist klar, dass das auch nicht einige Funktionäre anordnen konnten, sondern die Menschen waren betroffen und selbst bereit, sich dafür einzusetzen.

Ich bin sehr dankbar, dass heute das Fernsehen überträgt, denn ich möchte allen Menschen, den Hunderttausenden, ja Millionen Menschen, die mitgeholfen haben in Form von Maßnahmen, ein herzliches Dankeschön sagen, liebe Kolleginnen und Kol­legen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Jeder Funktionär in der österreichischen Gewerk­schaftsbewegung vom Präsidenten bis zum kleinsten Vertrauensmann bekennt sich zur Demokratie, bekennt sich zum Parlamentarismus, hat nie vorgehabt, gegen die Regierung zu streiten (Ah-Rufe bei der ÖVP), sondern nur gegen einzelne Maßnah­men dieser Regierung! Nehmen Sie zur Kenntnis: Wir werden uns auch in Zukunft,


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