9.52
Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hohe Haus erlebt heute ein Novum in seiner Geschichte: Der zuständige Ressortminister Vizekanzler Haupt legt einen Entwurf vor – wahrscheinlich hat die Frau Staatssekretärin daran mitgearbeitet –, und in wenigen Minuten wird er uns erklären, wie hart er verhandelt hat, und zwar wahrscheinlich mit sich selbst. Herr Vizekanzler! Wahrscheinlich haben Sie am „Runden Tisch“ einmal Pro und einmal Kontra gegeben. Wenn Sie hier jetzt lautstark Verbesserungen angekündigt haben, dann frage ich mich: Warum haben Sie das nicht gleich in den Entwurf hineingegeben? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Ich werde Ihnen die Antwort darauf noch geben.
Wir haben aber noch ein Novum: In der Geschichte der Zweiten Republik hat es noch nie ein Gesetz gegeben, das von so viel Chaos gekennzeichnet gewesen ist. Allein zu dem Vorschlag von Frau Staatssekretärin Haubner: 1000 € – darunter darf nichts geschehen, hat es im 10-Minuten-Abstand divergierende Pressemeldungen gegeben. Die fünf Minuten Redezeit, die ich habe, reichen nicht, um sie alle aufzuzählen.
Ich möchte nur eines sagen – und da werden wir genau aufpassen müssen –: Sie haben einen Vorschlag unterbreitet. Wenn wir das schriftlich bekommen, werden wir nachlesen, wie das formuliert ist.
Ich anerkenne die Anhebung: Bis 1000 €
eine Ausgleichszulage – das ist ja recht gut. Man muss wissen, dass
61 Prozent der Pensionisten unter 1 000 € haben. Sie sind
wahrscheinlich erst draufgekommen, was Ihr Vorschlag bedeutet, als Sie sich die
Zahlen angeschaut haben. Wie Sie jetzt jemandem helfen wollen, wenn der
Ehegatte eine Pension von 700 € und die Ehefrau eine Pension von 400 €
hat und Sie den Ausgleichszulagenrichtsatz auf 1000 € erhöhen, frage ich
mich. Das geht nicht! Bei Ihrem Vorschlag werden die Zeche die Frauen und jene,
die verheiratet sind, zahlen. Da werden wir genau rechnen und aufpassen
müssen. Da liegt nämlich die Falle! (Beifall bei der SPÖ und
den Grünen.)
Ich sage Ihnen, warum es eigentlich zu der
Diskussion gekommen ist und warum Sie bereit waren, einige Retuschen
vorzunehmen. – Weil am 6. Mai dieses Jahres 500 000 Menschen
bereit waren, Aktionen zu setzen, weil am 13. Mai – sehr viele habe
im Budgetausschuss gelächelt, als sie gesehen, dass das größte Unwetter in der
Geschichte über Wien heruntergeht, bei Sonnenschein kann man leicht
demonstrieren – 200 000 Menschen auf die Straße gegangen sind.
200 000 Menschen auf die Straße zu bekommen, wenn es hagelt und regnet und
die Menschen somit nass wurden – das kann ein Funktionär nicht auf
Knopfdruck machen. Die Menschen waren persönlich betroffen und überzeugt. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wenn gestern 1 Million Menschen quer durch alle politischen Fraktionen bereit gewesen sind, sich dafür einzusetzen, dann ist klar, dass das auch nicht einige Funktionäre anordnen konnten, sondern die Menschen waren betroffen und selbst bereit, sich dafür einzusetzen.
Ich bin sehr dankbar, dass heute das Fernsehen überträgt, denn ich möchte allen Menschen, den Hunderttausenden, ja Millionen Menschen, die mitgeholfen haben in Form von Maßnahmen, ein herzliches Dankeschön sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Jeder Funktionär in der österreichischen Gewerkschaftsbewegung vom Präsidenten bis zum kleinsten Vertrauensmann bekennt sich zur Demokratie, bekennt sich zum Parlamentarismus, hat nie vorgehabt, gegen die Regierung zu streiten (Ah-Rufe bei der ÖVP), sondern nur gegen einzelne Maßnahmen dieser Regierung! Nehmen Sie zur Kenntnis: Wir werden uns auch in Zukunft,